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  • Werbungskostenabzug von Prozesskosten zwecks nachehelichen Unterhalts

    Prozesskosten, die getätigt werden, um einen höheren nachehelichen Unterhalt zu erlangen, sind nicht als Werbungskosten absetzbar, wenn der Unterhaltsverpflichtete für das Unterhaltsjahr noch keinen wirksamen Antrag auf Abzug der Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben gestellt hat. Denn erst wenn dieser Antrag wirksam gestellt worden ist und der Unterhaltsberechtigte dem Antrag zugestimmt hat, werden die Unterhaltszahlungen steuerlich relevant und gehören nicht mehr zur privaten Lebensführung; dies gilt dann auch für die Prozesskosten.

    Hintergrund: Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten sind als Sonderausgaben bis zu 13.805 € jährlich als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Unterhaltsberechtigte zustimmt. Der Unterhaltsberechtigte muss dann die Unterhaltszahlungen entsprechend als sonstige Einkünfte versteuern, maximal bis zu einem Betrag von 13.805 €.

    Sachverhalt: Der E wurde 2014 von der Klägerin geschieden und verpflichtet, einen monatlichen Unterhalt von 582,50 € zu zahlen. Die Klägerin begehrte anschließend höheren Unterhalt. Im März 2015 kam ein gerichtlicher Vergleich zustande, nach dem E nun 900 € Unterhalt monatlich zahlen musste. Der Klägerin entstanden aufgrund dieses Vergleichs Anwalts- und Gerichtskosten im Jahr 2015, die sie als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Die Einnahmen aus dem Unterhalt in Höhe von 10.800 € (12 x 900 €) erklärte die Klägerin als sonstige Einkünfte und zog hiervon die Werbungskostenpauschale für Versorgungsbezüge von 102 € ab. Das Finanzgericht (FG) erkannte in der ersten Instanz die Aufwendungen teilweise als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften an, soweit sie den Pauschbetrag von 102 € überstiegen. Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

    Entscheidung: Der BFH erkannte die Prozesskosten nicht als Werbungskosten an, hat die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das FG zurückverwiesen:

    • Werbungskosten sind Aufwendungen, die durch die Erzielung von Einkünften veranlasst sind. Unterhaltszahlungen sind beim Unterhaltsberechtigten sonstige Einkünfte, soweit der Unterhaltsverpflichtete sie als Sonderausgaben bis zur Höhe von maximal 13.805 € jährlich geltend macht und der Unterhaltsberechtigte dem zustimmt.

    • Zwar könnten die Prozesskosten durch die Unterhaltsleistungen veranlasst sein, weil der Prozess dazu diente, höhere Unterhaltsleistungen zu erhalten. Jedoch gehören Unterhaltszahlungen grundsätzlich zum Privatbereich. Erst durch den Antrag des Unterhaltsverpflichteten, der den Antrag stellt, die Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben geltend zu machen, und durch die Zustimmung des Unterhaltsberechtigten, der die Unterhaltszahlungen im Gegenzug als sonstige Einkünfte versteuern muss, werden die Unterhaltszahlungen in den steuerlichen Bereich überführt. Sobald also der Unterhaltsverpflichtete seine Einkommensteuererklärung einreicht und die Zustimmung des Unterhaltsberechtigten auf dem entsprechenden Formular beifügt, kommt es zu einer rechtsgestaltenden Umqualifizierung der Unterhaltszahlungen, die nun steuerbar werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Unterhaltszahlungen steuerlich irrelevant.

    • Solange der unterhaltsverpflichtete E seine Einkommensteuererklärung für 2015, in der er die Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben mit Zustimmung der Klägerin steuerlich geltend macht, noch nicht abgegeben hat, können Prozesskosten daher keine Werbungskosten sein. Die Einkommensteuererklärung des E für 2015 kann erst im Jahr 2016 abgegeben worden sein; hingegen sind die Prozesskosten der Klägerin bereits im Jahr 2015 entstanden und betrafen zu diesem Zeitpunkt die private Lebensführung der Klägerin.

    • Der BFH hat den Werbungskostenabzug zwar abgelehnt. Das FG muss nun aber prüfen, ob die Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können; dies hängt nach dem Gesetz insbesondere davon ab, ob die Klägerin ohne den Unterhaltsprozess Gefahr gelaufen wäre, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

    Hinweise: Eine nachträgliche Umqualifizierung der Prozesskosten, die im Jahr 2015 die private Lebensführung betrafen, in vorweggenommene Werbungskosten, nachdem der E die Unterhaltszahlungen mit Zustimmung der Klägerin als Sonderausgaben geltend gemacht hat, wird vom BFH abgelehnt.

    Unbeachtlich war, dass der E seine Unterhaltszahlungen an die Klägerin in den Vorjahren als Sonderausgaben geltend gemacht hat. Zwar kann die Zustimmung der Klägerin zum Sonderausgabenabzug des E über mehrere Jahre hinweg gültig sein; der Antrag des E kann aber jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden. Daher wirkte der für das Vorjahr 2014 gestellte Antrag im Streitjahr 2015 nicht fort.

    Der Abzug von Unterhaltsleistungen und die gleichzeitige Versteuerung durch den Empfänger nennt man Realsplitting. Der Empfänger erleidet zwar einen steuerlichen Nachteil; dieser Nachteil wird jedoch durch eine entsprechend höhere Unterhaltszahlung ausgeglichen. Für den Unterhaltsverpflichteten kann sich hieraus ein Vorteil ergeben, wenn sein Steuersatz höher ist als der Steuersatz des Unterhaltsempfängers.

    Quelle: BFH, Urteil vom 18.10.2023 – X R 7/20; NWB

  • Gemeinnützigkeit: Höchstgrenze für Mitgliedsbeiträge wird erhöht

    Bund und Länder haben sich auf die Anhebung der Höchstgrenze für Mitgliedsbeiträge für gemeinnützige Vereine von 1.023 € je Mitglied und Jahr auf 1.440 € geeinigt. Hierauf macht das Finanzministerium Baden-Württemberg aufmerksam.

    Hintergrund: Gemeinnützige Vereine müssen mit ihrer Vereinstätigkeit die Allgemeinheit fördern. Zum Beispiel durch Sportangebote. Deshalb gibt es für Mitgliedsbeiträge eine Höchstgrenze, damit ein gemeinnütziger Verein für möglichst viele Menschen zugänglich ist.

    Bei einem Verein ist eine Förderung der Allgemeinheit anzunehmen, wenn

    1. die Mitgliedsbeiträge und Mitgliedsumlagen zusammen im Durchschnitt 1.023 € je Mitglied und Jahr und

    2. die Aufnahmegebühren für die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt 1.534 € nicht übersteigen.

    Hierzu führt das Finanzministerium Baden-Württemberg u.a. weiter aus:

    • Bisher galt für Mitgliedsbeiträge im Durchschnitt eine Höchstgrenze von 1.023 € je Mitglied und Jahr. Dieser Betrag wird auf 1.440 € angehoben. Auch die Grenze für Aufnahmegebühren wird angehoben: von im Durchschnitt 1.543 € auf 2.200 €.

    • Mit der Erhöhung der Höchstgrenzen wird der Inflation Rechnung getragen.

    • Die neuen Höchstgrenzen werden im Anwendungserlass zur Abgabenordnung aktualisiert. Sie gelten bereits jetzt.

    Quellen: AEAO zu § 52, FinMin Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 21.3.2024; NWB

  • Steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierungen

    Das BMF hat einen Fragen-Antworten-Katalog zur steuerlichen Förderung energetischer Gebäudesanierungen veröffentlicht, der sich an Hauseigentümer richtet (Stand: 15.2.2024).

    Hintergrund: Für energetische Maßnahmen an einem selbst genutzten Wohngebäude ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr um je 7 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um je 14 000 Euro und im übernächsten Kalenderjahr um 6 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 12 000 Euro für das begünstigte Objekt. Voraussetzung ist, dass das begünstigte Objekt bei der Durchführung der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre ist; maßgebend hierfür ist der Beginn der Herstellung.

    Auf die folgenden Fragen geht das BMF in seinen FAQ näher ein:

    1. Was wird steuerlich gefördert?

    2. Wie hoch ist die steuerliche Förderung?

    3. Was sind die Voraussetzungen der steuerlichen Förderung?

    4. Wer darf die energetischen Maßnahmen ausführen?

    5. Wer darf die Bescheinigung über die energetischen Maßnahmen ausstellen?

    6. Wie erhalte ich die steuerliche Förderung?

    7. Welche Alternativen gibt es zur steuerlichen Förderung?

    8. Wo finde ich die Rechtsgrundlagen der steuerlichen Förderung?

    9. An wen kann ich mich bei weiteren Fragen wenden?

    Hinweis: Zu dem Fragen-Antworten-Katalog gelangen Sie hier.

    Quelle: BMF online; NWB

  • Informationen zur Bearbeitung der Steuererklärungen 2023 in Thüringen

    Das Thüringer Finanzministerium informiert über den Beginn der Bearbeitung der Steuererklärungen 2023 sowie u.a. über neue Regelungen zum Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und zur Homeoffice-Pauschale.

    Hierzu führt das Thüringer Finanzministerium u.a. weiter aus:

    • Die Thüringer Finanzämter starten am mit der Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen für das abgelaufene Kalenderjahr 2023. Die bundeseinheitlichen Programme zur Berechnung der Steuern stehen den Finanzämtern im gesamten Bundesgebiet erst ab Mitte März zur Verfügung, sodass eine frühere Bearbeitung ausgeschlossen ist.

    • Die elektronisch zu übermittelnden Daten zum Arbeitslohn, zu Rentenbezügen oder geleisteten Beiträgen zur Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung erreichten die Finanzämter bis Ende Februar 2024. Danach erfordert die Aufbereitung der Daten etwa zwei Wochen Zeit. Erst mit der Bereitstellung der Software können die Finanzämter loslegen.

    • Steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige haben einen Monat weniger als im Vorjahr Zeit, ihre Steuererklärung für 2023 beim zuständigen Finanzamt einzureichen. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung endet für sie am 31.8.2024. Da dieser auf einen Samstag fällt, verschiebt sich die Frist bis zum . Steuerlich beratene Steuerpflichtige müssen ihre Erklärung dagegen erst bis zum abgeben. Die vorgenannten Fristen gelten für alle Steuerpflichtigen, die zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind.

    • Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurden die Regelungen zum Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und zur Homeoffice-Pauschale ab dem Kalenderjahr 2023 neu gefasst.

    • Ein Abzug der tatsächlichen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer kommt nur noch in Betracht, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet. Mit der Neuregelung wird ein Wahlrecht geschaffen, nach dem der Steuerpflichtige anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Jahrespauschale von 1.260 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen kann.

    • Ein Abzug der tatsächlichen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer kommt nur noch in Betracht, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet. Mit der Neuregelung wird ein Wahlrecht geschaffen, nach dem der Steuerpflichtige anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Jahrespauschale von 1.260 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen kann.

    • Zur Abgeltung der Aufwendungen im Homeoffice ist ab dem Kalenderjahr 2023 eine Tagespauschale von sechs Euro gesetzlich vorgesehen. In den Jahren 2020 bis 2022 konnte eine Homeoffice-Pauschale von fünf Euro je Kalendertag, an dem ausschließlich in der häuslichen Wohnung gearbeitet wurde, berücksichtigt werden. Statt der bisher maximal geltenden Homeoffice-Pauschale von 600 € pro Kalenderjahr, kann die Tagespauschale bis zu 1.260 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten abgezogen werden. Steuerpflichtige, denen für ihre Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (z.B. im eigenen Betrieb oder im Betrieb des Arbeitgebers), können die Tagespauschale für die Tätigkeit im Homeoffice auch für Arbeitstage geltend machen, an denen sie den eigenen Betrieb oder den Betrieb des Arbeitgebers aufgesucht haben.

    • Steuerpflichtige, die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen, können für denselben Zeitraum nicht die Tagespauschale für die Arbeit im Homeoffice beantragen.

    • Weitere wichtige steuerliche Neuerungen, die erstmals für die Einkommensteuerfestsetzung 2023 gelten, sind die Erhöhung des Grundfreibetrags um 561 € auf 10.908 € (für zusammenveranlagte Ehegatten/Lebenspartner auf 21.816 €), die Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags von 801 € auf 1.000 € für Alleinstehende und von 1.602 € auf 2.000 € für Ehegatten/Lebenspartner, die Anhebung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende um 252 € auf 4.260 € und die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 1.200 € auf 1.230 €.

    • Überdies sind seit dem 1.1.2022 Photovoltaikanlagen unter bestimmten Voraussetzungen ertragsteuerlich unbeachtlich. Betreiber, die die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen und ihre Photovoltaikanlage zum sog. Nullsteuersatz, also ohne Umsatzsteuer erworben haben, können auf die Anzeige ihrer seit dem 1.1.2023 aufgenommenen Tätigkeit beim Finanzamt verzichten.

    • Die ersten Steuerbescheide für 2023 können voraussichtlich Ende März versendet werden. Die Finanzverwaltung bittet von Rückfragen zum Bearbeitungsstand in den Finanzämtern abzusehen.

    Quelle: Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung v. 8.3.2024; NWB

  • Spekulationsgewinn nach Teilung eines selbstgenutzten Grundstücks

    Teilt der Steuerpflichtige ein selbstgenutztes Grundstück in zwei Flurstücke und verkauft er anschließend das unbebaute Flurstück innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist, ist ein hieraus erzielter Gewinn als Spekulationsgewinn steuerpflichtig. Der Steuerpflicht steht nicht entgegen, dass das gesamte Grundstück bis zur Teilung selbstgenutzt wurde.

    Hintergrund: Der Verkauf von Immobilien des Privatvermögens mit Gewinn löst innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist eine Steuerpflicht aus. Die Steuerpflicht besteht nicht, wenn das Grundstück selbstgenutzt worden ist.

    Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und erwarben im März 2014 in einem Dorf ein ca. 3.800 qm großes, bebautes Grundstück zum Preis von 123.000 €. Sie sanierten das Gebäude und zogen dort 2015 ein. Im Mai 2019 ließen sie das Grundstück in die beiden Flurstücke A und B teilen; das neue, unbebaute Flurstück B war 1.000 qm groß, während das 2.800 qm große, bebaute Flurstück A weiterhin selbst genutzt wurde. Die Kläger verkauften das Flurstück B im Juni 2019 zum Kaufpreis von 90.000 € und nutzten das Flurstück A weiterhin selbst. Das Finanzamt behandelte den Gewinn aus dem Verkauf des Flurstücks B als steuerpflichtigen Spekulationsgewinn in Höhe von 66.400 €, indem es von dem Kaufpreis Anschaffungskosten in Höhe von 23.600 € (1.000 m² x 23,60 € Bodenrichtwert) abzog. Hiergegen wehrten sich die Kläger. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte in der ersten Instanz höhere Anschaffungskosten, so dass sich ein Spekulationsgewinn von 58.160 € statt 66.400 € ergab. Im Übrigen hatte die Klage keinen Erfolg. Die Kläger legten gegen das Urteil des FG Revision ein.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision ab:

    • Die Kläger haben aus dem Verkauf des Flurstücks B einen Gewinn in Höhe von 58.160 € erzielt. Der Gewinn ist steuerpflichtig, da das Grundstück innerhalb von zehn Jahren gekauft und teilweise verkauft worden ist. Das angeschaffte Grundstück ist nur teilweise veräußert worden, nämlich nur bezüglich des Flurstücks B. Insoweit besteht jedoch eine wirtschaftliche Teilidentität, die für den Ansatz eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns genügt. Das verkaufte Flurstück B ist kein qualitativ anderes Wirtschaftsgut als das ursprünglich erworbene Gesamtgrundstück, sondern lediglich kleiner.

    • Das verkaufte Flurstück B diente nicht eigenen Wohnzwecken. Zwar gehörte das Flurstück B ursprünglich zum ca. 3.800 qm großen Grundstück, das selbstgenutzt wurde. Aufgrund der Teilung des Grundstücks kam es aber zu einer Zäsur. Das Flurstück B ist daher getrennt vom bisherigen Gesamtgrundstück zu beurteilen. Zwischen dem Flurstück B und dem weiterhin selbst genutzten Flurstück A bestand nach der Teilung kein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mehr.

    Hinweise: Die Steuerbefreiung für den Verkauf selbstgenutzter Grundstücke wird gewährt, um Grundstücksveräußerungen nicht zu besteuern, die aufgrund eines Wohnsitzwechsels erfolgen. Einen derartigen Wohnsitzwechsel gab es im Streitfall nicht, weil die Kläger weiterhin das im Jahr 2014 erworbene Grundstück selbst nutzten. Vom Sinn und Zweck der Befreiung war daher eine Steuerbefreiung nicht zu bejahen.

    Nach dem aktuellen Urteil ist ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem verkauften Flurstück B und dem weiterhin selbst genutzten Flurstück A nicht grds. ausgeschlossen. Der BFH lässt es aber offen, unter welchen Voraussetzungen dieser Zusammenhang bejaht werden könnte; im Streitfall bestand ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang jedenfalls deshalb nicht mehr, weil die Teilfläche zwecks Veräußerung abgetrennt, zielgerichtet für die Übergabe vorbereitet und veräußert wurde. Hätten die Kläger die Gesamtfläche bestehend aus den Flurstücken A und B wie bisher genutzt und beide Flurstücke innerhalb der Spekulationsfrist zusammen veräußert, kann es sein, dass die Steuerbefreiung auch für das neue, unbebaute Flurstück gewährt wird.

    Quelle: BFH, Urteil vom 26.9.2023 – IX R 14/22; NWB

  • Keine Steuerfreiheit eines Spekulationsgewinns bei Nutzungsüberlassung an Mutter

    Ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn aus dem Verkauf einer Immobilie entfällt nicht deshalb, weil die Immobilie der Mutter oder Schwiegermutter des Steuerpflichtigen unentgeltlich überlassen worden ist. Die unentgeltliche Überlassung stellt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, bei der nach dem Gesetz ein Spekulationsgewinn nicht versteuert werden müsste.

    Hintergrund: Der Gewinn aus dem Verkauf von Immobilien des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist ist steuerpflichtig. Nach dem Gesetz werden jedoch selbst genutzte Immobilien von der Steuerpflicht für Spekulationsgewinne grundsätzlich ausgenommen.

    Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und erwarben im Jahr 2009 zum Preis von ca. 187.000 € (einschließlich Nebenkosten) eine Eigentumswohnung, die noch zu errichten war. Nach Fertigstellung überließen sie die Wohnung unentgeltlich der Mutter der Klägerin (Schwiegermutter des Klägers). Die Mutter starb im Jahr 2016. Die Kläger verkauften die Wohnung noch im Jahr 2016 zum Preis von 220.000 €. Das Finanzamt ermittelte einen Spekulationsgewinn von 33.000 €, den es hälftig jeweils den beiden Klägern zurechnete. Eine Steuerbefreiung für den Verkauf selbst genutzter Immobilien kam nach Auffassung des Finanzamts nicht in Betracht.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Der Verkauf der Eigentumswohnung erfolgte innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist, da die Wohnung im Jahr 2009 gekauft und im Jahr 2016 verkauft worden war. Die Kläger erzielten aus dem Verkauf einen Gewinn, so dass ein Spekulationsgewinn entstanden ist.

    • Dieser Spekulationsgewinn war auch steuerpflichtig, weil die Steuerbefreiung für selbstgenutzte Immobilien nicht greift. Eine Selbstnutzung liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung selbstgenutzt hat oder wenn er sie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorherigen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

    • Als Selbstnutzung zählt es auch, wenn der Steuerpflichtige die Immobilie seinem Kind, das einkommensteuerlich bei ihm berücksichtigt wird, unentgeltlich überlässt. Denn dem Steuerpflichtigen obliegt die Unterbringung des eigenen Kinds. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht im Falle der unentgeltlichen Überlassung an andere Angehörige wie z.B. die Eltern oder Schwiegereltern.

    • Im Streitfall gilt daher die unentgeltliche Überlassung an die Mutter der Klägerin nicht als eigene Selbstnutzung, sodass der Spekulationsgewinn steuerpflichtig ist.

    Hinweis: Der BFH legt den Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken eng aus, weil es sich um eine Steuerbefreiung handelt. Entweder der Steuerpflichtige selbst oder sein Kind, das einkommensteuerlich beim Steuerpflichtigen berücksichtigt wird, muss die Immobilie selbst nutzen. Der Steuerpflichtige kann die Immobilie auch zusammen mit seinem Kind nutzen.

    Wird die Immobilie jedoch nicht ausschließlich dem eigenen Kind überlassen, sondern zugleich auch unentgeltlich dessen Kindesmutter bzw. Kindesvater, ist der Spekulationsgewinn steuerpflichtig. Für die Steuerbefreiung genügt es auch nicht, wenn der Steuerpflichtige unter der Anschrift der Immobilie lediglich mit seinem Wohnsitz gemeldet ist, sich dort aber nur für Besuche aufhält.

    Quelle: BFH, Urteil vom 14.11.2023 – IX R 13/23; NWB

  • Kein Spekulationsgewinn bei entgeltlichem Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht

    Verzichtet ein Steuerpflichtiger innerhalb der Spekulationsfrist gegen Entschädigung auf einen Nießbrauch, den er an einem Grundstück hat, führt dies nicht zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Denn der entgeltliche Verzicht stellt keine Veräußerung dar, die für einen Spekulationsgewinn erforderlich ist.

    Hintergrund: Der innerhalb eines Jahres nach Erwerb erzielte Gewinn aus dem Verkauf eines Wirtschaftsguts, das keine Immobilie ist und zum Privatvermögen gehört, führt zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Wird das Wirtschaftsgut zumindest in einem Kalenderjahr als Einkünftequelle genutzt, verlängert sich die Spekulationsfrist auf zehn Jahre.

    Sachverhalt: Die Klägerin erlangte im Jahr 2008 ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück. Im Zeitraum 2012 bis 2018 gehörte das Nießbrauchsrecht zu ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der A-KG. Im Jahr 2018 schied die Klägerin aus der A-KG aus, sodass das Nießbrauchsrecht aus ihrem Sonderbetriebsvermögen in ihr Privatvermögen zum Wert von 0 € entnommen wurde. Die Klägerin erzielte aus dem Nießbrauch nun Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Am 6.11.2019 verzichtete die Klägerin auf ihr Nießbrauchsrecht gegen Zahlung einer Entschädigung. Das Finanzamt nahm einen Spekulationsgewinn an.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der Klage statt:

    • Zwar ist das Nießbrauchsrecht als Nutzungsrecht an einem Grundstück ein Wirtschaftsgut.

    • Die Klägerin hat das Nießbrauchsrecht auch angeschafft; der Gesetzgeber fingiert nämlich die Entnahme aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen als Anschaffung. Eine Entnahme ist im Streitfall im Jahr 2018 erfolgt, als das Nießbrauchsrecht aus dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin in ihr Privatvermögen entnommen worden ist.

    • Allerdings fehlt es an einer Veräußerung. Eine Veräußerung setzt eine entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten voraus, mithin einen Rechtsträgerwechsel. Veräußerungsähnliche Vorgänge können hingegen nicht zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn führen.

    • Der Verzicht auf das Nießbrauchsrecht führte zum Erlöschen des Nießbrauchsrechts. Es ging nicht auf einen Dritten über, wie dies für eine Veräußerung erforderlich wäre. Ein Nießbrauch ist nicht übertragbar, sondern erlischt entweder mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten oder wird durch Verzicht und Löschung im Grundbuch aufgehoben.

    Hinweis: Das FG legt den Begriff der Veräußerung im Rahmen der Besteuerung von Spekulationsgewinnen eng aus. Veräußerungsähnliche Vorgänge werden nicht erfasst und sind daher nicht steuerpflichtig.

    Zu beachten ist, dass es einzelne Vorschriften im Steuerrecht gibt, die veräußerungsähnliche Vorgänge erfassen bzw. Veräußerungen fingieren. So gilt z.B. die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen als Veräußerung, wenn das Wirtschaftsgut nach der Einlage veräußert wird und diese Veräußerung innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steht z.B. der Ausfall einer Kapitalforderung einer Veräußerung gleich und kann daher zu einem Verlust aus Kapitalvermögen führen.

    Quelle: FG Münster, Urteil vom 12.12.2023 – 6 K 2489/22 E; NWB

  • Umsatzsteuer bei Kuchenverkauf an Schulen

    Die Finanzverwaltungen mehrerer Bundesländer haben sich zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Kuchenverkaufs an Schulen und Kindertagesstätten geäußert. Danach ist der Kuchenverkauf, der im Rahmen von Schulfesten durch Schülergruppen, Elternbeiräte oder aufgrund einer Elterninitiative erfolgt, nicht umsatzsteuerpflichtig. Dies gilt auch beim Verkauf von Pizza oder beim Verkauf von Eintrittskarten für schulische Veranstaltungen.

    Hintergrund: Nach dem Gesetz können unter bestimmten Voraussetzungen auch Umsätze juristischer Personen des öffentlichen Rechts der Umsatzsteuer unterliegen.

    Wesentlicher Inhalt der Verfügungen der Finanzverwaltungen:

    • Umsatzsteuer entsteht nach der für juristische Personen des öffentlichen Rechts geltenden Regelung nur dann, wenn die Umsätze der Schulträgerkommune zugerechnet werden können. Dies ist nicht der Fall, wenn nach außen eine Elterninitiative, die Schülervertretung oder Klasse auftritt.

    • Die nach außen auftretende Elterninitiative, Schülervertretung oder Klasse oder der Elternbeitrat ist in der Regel nicht als steuerpflichtiger Unternehmer anzusehen, weil sie nicht nachhaltig, also mit Wiederholungsabsicht, auftritt. Dies gilt sowohl bei einem Kuchen- oder Pizzaverkauf als auch beim Verkauf von Eintrittskarten für eine Theaterveranstaltung in der Schule oder für den Schulchor.

    • Eine Nachhaltigkeit kann hingegen zu bejahen sein, wenn es sich um eine mehrjährige oder wöchentliche Tätigkeit handelt, die Tätigkeit auf Wiederholung angelegt ist oder wenn die Schüler- oder Elterngruppe wie ein Händler auftritt. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Elternbeirat eine Werbeanzeige schaltet oder einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt der Gemeinde betreibt.

    • Im Fall der Nachhaltigkeit muss jedoch nicht zwingend Umsatzsteuer entstehen, weil die sog. Kleinunternehmerregelung greifen kann, wenn die Einnahmen im Vorjahr weniger als 22.000 € betragen haben und im laufenden Jahre voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen werden.

    Hinweis: Auch wenn die aktuellen Verfügungen im Detail kompliziert sind, wird deutlich, dass die Finanzverwaltung die „normalen“ Umsätze, die im Rahmen von Schulveranstaltungen erzielt werden (Kuchenverkauf, Eintrittskarten für die Vorstellung der Theater-AG), nicht der Umsatzsteuer unterwerfen will. Uneinheitlich sind die aktuellen Verfügungen hingegen, wenn Umsätze außerhalb der Schule erzielt werden: Die bayerische Finanzverwaltung geht bei einem Glühwein-Stand auf dem gemeindlichen Christkindlmarkt von umsatzsteuerbaren Umsätzen aus, während die baden-württembergische Finanzverwaltung Umsätze auf Wochenmärkten als nicht umsatzsteuerbar ansieht. Solange die Umsatzgrenzen der Kleinunternehmerregelung nicht überschritten werden, ist eine Verkaufstätigkeit außerhalb der Schule grundsätzlich nicht schädlich.

    Quellen: Bayerisches Landesamt für Steuern vom 21.12.2023 – S 7107.2.1.-37/20 St 33; Finanzministerium Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 8.12.2023; Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 28.12.2023

  • Bundesverfassungsgericht weist Verfassungsbeschwerden gegen Rentenbesteuerung zurück

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwei Verfassungsbeschwerden gegen die Rentenbesteuerung in den Jahren 2008 und 2009 nicht angenommen, da es die Verfassungsbeschwerden für unzulässig hält. Die Verfassungsbeschwerden richteten sich gegen zwei Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH).

    Hintergrund: Im Jahr 2005 wurde die Rentenbesteuerung grundlegend geändert. Bis 2005 wurde nur ein sog. Ertragsanteil bei der Steuer erfasst, der im Durchschnitt ca. 30 % betrug und aufgrund des Grundfreibetrags häufig keine Steuerfestsetzung auslöste. Da aber Beamte ihre Pensionen in voller Höhe versteuern mussten, wurde die Rentenbesteuerung als verfassungswidrig angesehen und auf eine sog. nachgelagerte Besteuerung umgestellt, sodass alle Renten und Pensionen vollständig besteuert werden sollten. Im Gegenzug können dafür die Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben abgesetzt werden. Diese Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung ist nicht sofort erfolgt, sondern wird über viele Jahre Schritt für Schritt vollzogen. Ansonsten wäre die Umstellung für diejenigen Rentner, die 2005 in den Ruhestand gegangen sind, ungerecht gewesen, weil sie ihre Rente in voller Höhe hätten versteuern müssen, ohne die Altersvorsorgebeiträge abgezogen haben zu können. Daher wird der steuerfreie Anteil der Rente jährlich etwas abgeschmolzen. Erst für Rentner, die im Jahr 2040 erstmals eine Rente erhalten werden, gilt dann eine vollständige Steuerpflicht für ihre Rente.

    Sachverhalte: In dem einen der beiden Verfahren ging es um einen Steuerberater, der aufgrund eines Antrags in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert blieb. Seine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hatte er nur begrenzt als Sonderausgaben geltend machen können. Seit 2007 befand sich der Kläger im Ruhestand und bezog eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er machte im Streitjahr 2008 geltend, dass der steuerfreie Anteil seiner Rente von 46 % zu niedrig und geringer sei als die aus seinem versteuerten Einkommen geleisteten Rentenversicherungsbeiträge.

    Im zweiten Fall klagte ein Zahnarzt, der freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war. Im Streitjahr 2009 bezog er eine Altersrente sowie Zusatzleistungen aus der Höherversicherung, mehreren sog. Rürup-Renten und Renten aus privaten Rentenversicherungen. Das Finanzamt besteuerte die Renten nach den gesetzlichen Vorgaben und ließ sie entsprechend teilweise steuerfrei. Auch der Zahnarzt rügte eine Doppelbesteuerung.

    Beide Klagen wurden vom BFH abgewiesen. Hiergegen legten der Steuerberater und der Zahnarzt Verfassungsbeschwerden ein.

    Entscheidung: Das BVerfG nahm beide Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung an, weil es sie für unzulässig hielt:

    Das BVerfG ließ offen, ob die beiden Beschwerdeführer das von ihnen geltend gemachte Verbot einer Doppelbesteuerung, das in jedem Einzelfall zu beachten sei, hinreichend substantiiert dargelegt haben. Tatsächlich ist noch nicht klar, ob es ein einzelfallbezogenes Verbot der Doppelbesteuerung gibt oder ob nur eine strukturelle doppelte Besteuerung verhindert werden soll.

    Selbst wenn man von einem einzelfallbezogenen Verbot der Doppelbesteuerung ausgehen würde, hätten die beiden Beschwerdeführer weder die von ihnen geltend gemachten Grundrechtsverstöße gegen das Grundrecht für Ehe und Familie sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hinreichend dargelegt.

    • Soweit eine Bevorzugung von Ledigen gegenüber Verheirateten wegen der Einbeziehung der Hinterbliebenenrente bei der Prüfung einer Doppelbesteuerung gerügt wird, hätten sich die Beschwerdeführer damit auseinandersetzen müssen, dass auch nur Ehegatten eine Hinterbliebenenrente erhalten.

    • Der geltend gemachte Verstoß gegen das Grundrecht auf Familie und Ehe beschränkt sich darauf, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Individualbesteuerung und gegen das Gebot der Folgerichtigkeit gerügt wird. Es bleibt dabei unklar, inwieweit der Grundsatz der Individualbesteuerung und das Gebot der Folgerichtigkeit dem Grundrecht auf Familie und Ehe zu entnehmen sind.

    • Schließlich setzt sich auch der geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht hinreichend mit den vom BVerfG entwickelten Maßstäben auseinander.

    Hinweis: Damit steht die Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung in den Jahren 2008 und 2009 endgültig fest. Die aktuellen Entscheidungen des BVerfG lassen den Eindruck entstehen, dass sich das BVerfG nicht näher mit der Rentenbesteuerung der beiden Jahre beschäftigen wollte und deshalb die Verfassungsbeschwerden aus formellen Gründen, nämlich wegen fehlender Darlegung der behaupteten Verfassungsverstöße, nicht angenommen hat.

    Für Rentner können sich dennoch künftig Verbesserungen ergeben, weil die beiden BFH-Entscheidungen deutlich gemacht haben, dass künftig eine Doppelbesteuerung drohen könnte. Der Gesetzgeber wird daher voraussichtlich noch Anpassungen im Sinne von Verbesserungen vornehmen müssen.

    Quelle: BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.2023 - 2 BvR 1143/21 (2009 und Zahnarzt) und 2 BvR 1140/21 (2008 und Steuerberater); NWB

  • Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

    Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in zwei weiteren Entscheidungen die Höhe der Säumniszuschläge von 12 % jährlich (= 1 % monatlich) als verfassungsgemäß an. Dies gilt auch für den Zeitraum ab dem 1.1.2019, in dem der Zinssatz für Nachzahlungszinsen, die bei Steuernachzahlungen entstehen, aus verfassungsrechtlichen Gründen von 6 % auf 1,8 % jährlich herabgesetzt worden ist. Dem BFH zufolge sind Säumniszuschläge nicht mit Nachzahlungszinsen vergleichbar.

    Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge gilt der Satz von 1 % pro Monat weiterhin; ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten. Der BFH hat bislang überwiegend die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestätigt.

    Sachverhalt: In den beiden aktuellen Fällen ging es um Säumniszuschläge für Zeiträume ab dem 1.1.2019. Eines der beiden Verfahren war ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem es um die Aussetzung der Vollziehung eines Abrechnungsbescheids über Säumniszuschläge ging. Das andere Verfahren betraf eine Klage gegen einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge. Für die beiden Verfahren waren der X. und der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zuständig.

    Entscheidung: Beide Senate des BFH bestätigten die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge:

    • Der X. und der XI. Senat des BFH stützen sich jeweils auf zwei Urteile des VII. BFH-Senats, in denen dieser für Zeiträume bis zum 31.12.2018 die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bejaht hat.

    • Für Säumniszuschläge gelten nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die vom BVerfG an Nachzahlungszinsen gestellt werden. Bei Säumniszuschlägen geht es nämlich vorrangig um die Sanktionierung einer verspäteten Zahlung, während bei Zinsen die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen im Vordergrund steht.

    • Zwar gibt es seit dem Jahr 2014 ein strukturelles Niedrigzinsniveau in Deutschland; dieses muss bei Säumniszuschlägen aber nicht berücksichtigt werden, da Säumniszuschläge weder Zinsen sind noch einen konkreten Zinsanteil enthalten.

    • Die Ausführungen des VII. BFH-Senats bezogen sich zwar auf Zeiträume bis zum 31.12.2018; nach den beiden aktuellen Entscheidungen des BFH gelten diese Ausführungen aber auch für Zeiträume ab 2019. Denn die verfassungsrechtlichen Gründe für eine Unterscheidung zwischen Nachzahlungszinsen einerseits und Säumniszuschlägen andererseits gilt auch für Zeiträume ab 1.1.2019.

    Hinweis: Zwar gibt es auch eine abweichende Entscheidung eines weiteren BFH-Senats (VIII. Senat), der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert hat. In den beiden aktuellen Entscheidungen wird die abweichende Entscheidung dieses weiteren Senats aber als überholt bezeichnet, weil nunmehr die Urteile des VII. Senats vorliegen, die die Verfassungsmäßigkeit bestätigen.

    Eine abschließende Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit kann nur vom BVerfG getroffen werden.

    Quelle: BFH, Beschluss vom 13.9.2023 – XI B 38/22 (AdV); Urteil vom 23.8.2023 - X R 30/21; NWB

  • Heisenberg-Stipendium ist steuerfrei

    Das sog. Heisenberg-Studium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist steuerfrei, wenn das Stipendium den für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrag nicht übersteigt. Die Steuerfreiheit besteht auch dann, wenn zum Stipendium ein Zuschlag für eine etwaige Versteuerung des Stipendiums gezahlt wird, dieser Zuschlag aber im Fall der Steuerfreiheit zurückzuzahlen ist.

    Hintergrund: Stipendien aus öffentlichen Mitteln oder von gemeinnützigen Körperschaften sind steuerfrei, wenn sie den Betrag, der für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlich ist, nicht übersteigen und wenn der Stipendiat nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist.

    Sachverhalt: Die Klägerin war Wissenschaftlerin und vertrat bis 2017 eine Professur an der Universität in Z, hatte selbst jedoch keine Professur inne. Ab 2017 erhielt sie von der DFG ein Heisenberg-Stipendium, dessen Höhe unter dem Gehalt lag, das sie für die Vertretungstätigkeit in Z erhalten hatte. In dem Grundbetrag des Stipendiums war ein Zuschlag für eine etwaige Versteuerung des Stipendiums enthalten. Das Heisenberg-Stipendium dient der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und soll jungen Wissenschaftlern ermöglichen, eine wissenschaftliche Leitungsposition zu übernehmen, z.B. eine Professur. Nach den Stipendiumsbedingungen war die Klägerin verpflichtet, ihre Arbeitskraft auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren und am Ende der Förderung ihre Forschungsergebnisse der DFG zu präsentieren. Die Klägerin war außerdem verpflichtet, in dem Umfang Lehrveranstaltungen abzuhalten, der erforderlich ist, um die Lehrbefugnis aufrechtzuerhalten. Das Finanzamt behandelte das Stipendium nicht als steuerfrei, sondern erfasste es als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte die Steuerfreiheit und gab der Klage statt:

    • Der BFH ließ offen, ob die Klägerin mit dem Bezug des Stipendiums überhaupt Einkünfte erzielt hatte und ob es sich hierbei um Einkünfte aus selbständiger oder aus nichtselbständiger Tätigkeit gehandelt hatte oder aber um sonstige Einkünfte in Gestalt wiederkehrender Bezüge.

    • Jedenfalls waren die Stipendiumszahlungen steuerfrei, da die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt waren. Das Stipendium wurde für die Förderung der Forschung und wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung von einer gemeinnützigen Körperschaft gezahlt, nämlich der DFG.

    • Die Höhe des Stipendiums überschritt auch nicht den für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Bedarf. Die Erforderlichkeit richtet sich nach der allgemeinen Verkehrsauffassung. Ein gewichtiges Indiz ist die Höhe des vorherigen Gehalts. Im Streitfall lag das Stipendium nicht über dem Gehalt, das die Klägerin für ihre Lehrstuhlvertretung bezogen hatte.

    • Der im Stipendium enthaltene Sachkostenzuschuss überstieg auch nicht den für die Erfüllung der Forschungsaufgabe erforderlichen Betrag.

    • Schließlich war die Klägerin nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen Gegenleistung verpflichtet. Die Verpflichtung zu einer Forschungstätigkeit und zur Präsentation der Forschungsergebnisse ist keine Gegenleistung, sondern dient dem Förderzweck. Die Klägerin hatte auch nicht eine bestimmte Arbeitnehmertätigkeit zu erfüllen; denn sie stand in keinem Arbeits- oder Dienstverhältnis zu ihrer Universität.

    Hinweise: Unschädlich war, dass in dem Stipendium ein Zuschlag für den Fall einer etwaigen Besteuerung enthalten war. Dies führte nicht zu einer Doppelbegünstigung der Klägerin, da sie im Fall der Steuerfreiheit den Zuschlag an die DFG zurückzahlen muss.

    Schädlich wäre es gewesen, wenn die Klägerin etwas hätte leisten müssen, was für die DFG einen eigenen wirtschaftlichen Wert gehabt hätte, sodass das Stipendium eine Entlohnung dieser Tätigkeit darstellen würde.

    Quelle: BFH, Beschluss v. 24.10.2023 - VIII R 11/22; NWB

  • Form der Klagerücknahme durch Steuerberater

    Nimmt ein Steuerberater die beim Finanzgericht für seinen Mandanten erhobene Klage zurück, muss er hierfür das sog. besondere elektronische Postfach (beSt) benutzen und die Klagerücknahme mittels „beSt“ übermitteln. Anderenfalls ist die Klagerücknahme unwirksam, sodass das Finanzgericht über die Klage entscheiden muss.

    Hintergrund: Seit 1.1.2023 sind Steuerberater verpflichtet, für Schriftsätze an das Finanzgericht das sog. besondere elektronische Postfach (beSt) zu benutzen. Die Papierform oder das Telefax dürfen für Schriftsätze eines Steuerberaters an das Finanzgericht nicht mehr benutzt werden.

    Sachverhalt: Der Kläger ließ durch eine Steuerberatungsgesellschaft Klage beim Finanzgericht Münster (FG) erheben. Die Steuerberatungsgesellschaft erhob am 17.7.2023 per Telefax Klage. Das FG wies darauf hin, dass die Klage per „beSt“ hätte erhoben werden müssen. Die Steuerberatungsgesellschaft nahm die Klage nun zurück, übersandte den Rücknahmeschriftsatz jedoch per Post.

    Entscheidung: Das FG wies die Klage ab:

    • Die Klage war unwirksam, weil sie am 17.7.2023 von einem Steuerberater per Telefax erhoben worden ist. Seit dem 1.1.2023 müssen Klagen, die durch einen Steuerberater eingereicht werden, per „beSt“ an das FG übermittelt werden.

    • Das Gericht musste über die unwirksame Klage entscheiden, weil auch die Klagerücknahme unwirksam war. Denn die Klagerücknahme ist durch Brief per Post übermittelt worden, hätte aber ebenfalls per „beSt“ an das FG übermittelt werden müssen.

    Hinweise: Ist die Klagerücknahme wegen Verstoßes gegen die Übermittlungspflicht per „beSt“ unwirksam, könnte die Klagerücknahme noch wirksam per „beSt“ vorgenommen werden, indem ein Rücknahmeschriftsatz per „beSt“ hinterhergeschickt wird, bevor das Gericht entscheidet. Die Klagerücknahme hat den Vorteil, dass sich die Gerichtsgebühren halbieren.

    Weist das FG jedoch die Klage nach einer unwirksamen Klagerücknahme durch einen Gerichtsbescheid ab, weil sowohl die Klageerhebung als auch die Klagerücknahme unwirksam waren, kann zwar noch ein Antrag auf mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid gestellt und nun eine wirksame Klagerücknahme per „beSt“ übermittelt werden; dies führt wegen des bereits ergangenen Gerichtsbescheids aber nicht mehr zu einer Reduktion der Gerichtsgebühren.

    Die Pflicht, Schriftsätze per „beSt“ zu übermitteln, gilt auch für Schriftsätze, die von Steuerberatern an den Bundesfinanzhof übersandt werden. Sie gilt allerdings nicht, wenn ein nicht vertretener Steuerpflichtiger eine Klage oder einen Antrag beim FG erhebt.

    Für Rechtsanwälte gibt es eine vergleichbare Formvorschrift, und zwar bereits seit dem 1.1.2022: Sie müssen das sog. besondere elektronische Anwaltspostfach („beA“) verwenden.

    Quelle: FG Münster, Urteil vom 5.9.2023 – 9 K 1450/23 K, G, F; NWB

  • Beachtung einer Vollmacht in der Vollmachtsdatenbank

    Hat der Steuerberater eine uneingeschränkte, auf dem amtlichen Muster der Finanzverwaltung ausgestellte Vollmacht seines Mandanten, die auch die Bekanntgabe von Steuerbescheiden umfasst, in der Vollmachtsdatenbank hinterlegt, muss das Finanzamt diese Vollmacht bei der Bekanntgabe von Steuerbescheiden beachten und den Bescheid an den Steuerberater – und nicht an den Mandanten – übersenden. Es ist nicht erforderlich, dass seitens des Mandanten auch das sog. Beiblatt zur Vollmacht zur Vertretung in Steuersachen verwendet wird.

    Hintergrund: Vollmachten für Steuerberater können in einer amtlichen Vollmachtsdatenbank hinterlegt werden, wenn hierfür das amtliche Vollmachtsformular verwendet wird. Auf dem Formular kann dann angekreuzt werden, ob die Vollmacht uneingeschränkt oder nur für bestimmte Steuerarten gelten soll und ob auch eine Bekanntgabevollmacht für die Entgegennahme von Steuerbescheiden erteilt wird. Die Vollmacht ist dann den Finanzämtern elektronisch zu übermitteln und von diesen zu beachten. Die Finanzverwaltung hat dem amtlichen Formular noch ein Beiblatt zur Vollmacht zur Vertretung in Steuersachen beigefügt, in dem die Steuernummer(n) des Steuerpflichtigen mit dem jeweiligen Finanzamt anzugeben sind, für die die Vollmacht gelten soll.

    Sachverhalt: Der Kläger bevollmächtigte seinen Steuerberater S für alle Steuerarten und für den Empfang sämtlicher Steuerbescheide (Bekanntgabevollmacht); die Vollmacht enthielt also keine Beschränkungen für bestimmte Steuerarten. Der Kläger verwendete das amtliche Vollmachtsmuster der Finanzverwaltung. Auf dem Vollmachtsmuster war sowohl die Steueridentifikationsnummer des Klägers als auch seine Steuernummer für die Einkommensteuer angegeben. Die Vollmacht enthielt jedoch nicht das Beiblatt zur Vollmacht zur Vertretung in Steuersachen. Die Vollmacht wurde in der Vollmachtsdatenbank hinterlegt und konnte vom Finanzamt seit dem 20.6.2017 abgerufen werden.

    Im Juni 2018 erwarb der Kläger ein Grundstück. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 27.6.2018 fest, den es dem Kläger selbst – und nicht dem S – bekanntgab. Der Kläger übergab den Bescheid dem S am 9.9.2019, also nach mehr als 14 Monaten. S legte am 12.9.2019 Einspruch beim Finanzamt ein, das den Einspruch als verspätet ansah und verwarf. Hiergegen erhob der Kläger Klage.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) sah den Einspruch als fristgerecht an und gab der Klage statt:

    • Der Grunderwerbsteuerbescheid ist erst am 9.9.2019 mit der Übergabe des Bescheids durch den Kläger an den S wirksam bekanntgegeben worden, sodass der von S eingelegte Einspruch am 12.9.2019 innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist und damit fristgerecht erfolgt ist.

    • Die Übersendung des Grunderwerbsteuerbescheids an den Kläger am 27.6.2018 war unwirksam, weil der Bescheid dem S hätte bekanntgegeben werden müssen. Denn der Kläger hatte dem S eine vollumfängliche Empfangsvollmacht erteilt, die in der Vollmachtsdatenbank hinterlegt worden war und die daher den Finanzämtern elektronisch zu übermitteln war.

    • Das Beiblatt zur Vollmacht zur Vertretung in Steuersachen war nicht Bestandteil des amtlichen Vollmachtsmusters und musste daher vom Kläger nicht verwendet werden. Denn der Umfang der Vollmacht ergibt sich bereits aus dem eigentlichen Vollmachtsformular, so dass die Angabe der Steuernummer(n) in dem Beiblatt und die Erklärung, dass die Vollmacht nur für die in dem Beiblatt angegebenen Steuernummern gelten soll, im Widerspruch zum Vollmachtsmuster stünde, das grundsätzlich auf eine uneingeschränkte Vertretung gerichtet ist, wenn nicht bestimmte Steuerarten im Vollmachtsmuster ausdrücklich ausgeschlossen werden.

    • Da die Bekanntgabe an den Kläger unwirksam war, wurde dieser Bekanntgabemangel erst durch Übergabe des Bescheids am 9.9.2019 geheilt. Der Einspruch vom 12.9.2019 war damit fristgerecht. Inhaltlich gab es keinen Streit darüber, dass die Grunderwerbsteuer zu hoch festgesetzt worden war.

    Hinweise: Bei der Grunderwerbsteuer kommt die Besonderheit dazu, dass eine Steuernummer für jeden grunderwerbsteuerbaren Vorgang vergeben wird. Es ist also vorab gar nicht möglich, im Beiblatt die künftigen Grunderwerbsteuer-Steuernummern anzugeben.

    Das Urteil ist für Steuerpflichtige und ihre Berater erfreulich, weil der BFH deutlich macht, dass die Finanzverwaltung die auf dem amtlichen Vollmachtsmuster erteilten, und in der Vollmachtsdatenbank hinterlegten Vollmachten beachten muss und nicht auf das Fehlen des Beiblatts verweisen darf. Eine entgegen der in der Vollmachtsdatenbank hinterlegten Empfangsvollmacht erfolgte Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Steuerpflichtigen selbst löst dann keine Einspruchsfrist aus.

    Quelle: BFH, Urteil vom 8.11.2023 – II R 19/21; NWB