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  • Bilanzierung eines sog. Beteiligungsbetrags beim Leasing-Restwertmodell

    Ein Kfz-Händler darf einen sog. Beteiligungsbetrag, den er im Rahmen eines Leasing-Restwertmodells an den Kfz-Hersteller entrichten muss, damit dieser das Restwertrisiko bei der späteren Rücknahme des verleasten Kfz trägt, nicht passivieren. Denn die Verpflichtung des Kfz-Händlers ist nur aufschiebend bedingt, weil bei Abschluss des Leasing-Vertrags und der Restwert-Absicherung noch nicht feststeht, ob es zu der späteren Rücknahme des Kfz kommt. Für die Verpflichtung zur Entrichtung des Beteiligungsbetrags kann auch keine Rückstellung passiviert werden, da sog. schwebende Geschäfte nicht bilanziert werden dürfen.

    Hintergrund: Ein Kaufmann muss für betriebliche Verpflichtungen, die vom Gläubiger erzwungen werden können und die am Bilanzstichtag eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellen, Verbindlichkeiten passivieren. Ist die Höhe der Verpflichtung nicht bekannt, ist eine Rückstellung zu passivieren.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die einen Kfz-Handel betrieb. Sie nahm seit 2009 an einem vom Kfz-Hersteller A entwickelten Leasing-Restwertmodell teil. Bei diesem Modell vermittelte die Klägerin ein Kfz an den Kunden durch Leasingvertrag und veräußerte das Kfz sodann an die Leasinggesellschaft B. Die Klägerin verpflichtete sich, das Kfz am Ende des Leasingvertrags zu einem vorab vereinbarten Kaufpreis von B zurückzunehmen. Hieraus ergab sich ein Restwertrisiko, weil der tatsächliche Restwert niedriger sein konnte als der vorab festgelegte Kaufpreis. Um dieses Restwertrisiko abzusichern, schloss die Klägerin im Streitjahr 2013 mit A eine Restwert-Absicherung ab, sodass A eine etwaige Differenz gegenüber der Klägerin ausgleichen musste. Hierfür musste die Klägerin aber am Ende des Leasingvertrags einen sog. Beteiligungsbetrag an A entrichten. Die Klägerin passivierte bereits zu Beginn des Leasingvertrags den Beteiligungsbetrag als Verbindlichkeit, sodass sich zum 31.12.2013 eine entsprechende Gewinnminderung ergab. Die Klägerin löste die Verbindlichkeit nach Ablauf des Leasingvertrags auf. Das Finanzamt erkannte die zum 31.12.2013 gebildete Verbindlichkeit nicht an und erhöhte den Gewinn des Jahres 2013.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Eine Passivierung als Verbindlichkeit war nicht vorzunehmen, weil die Verpflichtung zur Entrichtung des Beteiligungsbetrags eine aufschiebend bedingte Verpflichtung darstellte; aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten dürfen generell nicht passiviert werden, sondern erst mit dem Eintritt der Bedingung. Die Klägerin musste den Beteiligungsbetrag nämlich nur dann zahlen, wenn B als Leasinggesellschaft ihr Rückgaberecht ausübte und die Klägerin zur Rücknahme des Kfz aufforderte. Hingegen entfiel der Beteiligungsbetrag, wenn der Leasingvertrag vorzeitig aufgehoben oder storniert wurde.

    • Die Klägerin durfte zum 31.12.2013 auch keine Rückstellung bilden. Denn bei der Vereinbarung über die Restwert-Absicherung zwischen der Klägerin und A handelte es sich um ein schwebendes Geschäft, weil die Vereinbarung am 31.12.2013 weder von der Klägerin, die erst bei Beendigung des Leasingvertrags zahlen musste, noch von A, die erst bei Rücknahme des Kfz einen etwaigen Minderwert ausgleichen musste, erfüllt war. Bei schwebenden Geschäften gilt der Grundsatz, dass sie sich im Wert ausgleichen, sodass eine Bilanzierung während des Schwebezustands nicht zulässig ist.

    Hinweise: Der Beteiligungsbetrag ist damit erst bei Zahlung in der Buchführung zu erfassen. Er dürfte dann zu den Anschaffungskosten des rückerworbenen Kfz führen und mindert damit einen späteren Veräußerungsgewinn beim Verkauf des rückerworbenen Kfz.

    Hätte die Klägerin den Beteiligungsbetrag bereits zu Beginn des Restwert-Absicherungsvertrags entrichtet, hätte sie ein immaterielles, nicht abnutzbares Wirtschaftsgut „Restwertabsicherung“ aktivieren müssen, dass beim Rückerwerb des Kfz hätte aufgelöst werden müssen.

    Quelle: BFH, Urteil vom 13.9.2023 – XI R 20/20; NWB

  • Aufwendungen einer GmbH für ein TV-Abo sowie einen Oldtimer

    Die Aufwendungen einer GmbH für einen Oldtimer Ferrari Dino, der vom Gesellschafter-Geschäftsführer genutzt werden kann, sowie für ein Sky-Abonnement, das auch mobil genutzt werden kann, mindern das Einkommen nicht, sondern sind als verdeckte Gewinnausschüttungen bzw. als nicht abziehbare Betriebsausgaben zu behandeln.

    Hintergrund: Aufwendungen einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, sind als verdeckte Gewinnausschüttungen dem Einkommen der GmbH hinzuzurechnen. Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist dann gegeben, wenn die Leistung nicht fremdüblich ist und damit dem sog. materiellen Fremdvergleich nicht entspricht. Neben dem materiellen Fremdvergleich gibt es noch den formellen Fremdvergleich: Danach bedürften Vereinbarungen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter einer im Voraus getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung, die auch tatsächlich durchgeführt wird.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig war. Ihr Alleingesellschafter war A. Die Klägerin abonnierte das Abonnement „Sky plus“ zum Preis von ca. 350 € netto jährlich. Das Abonnement umfasste sowohl Nachrichtenkanäle als auch Unterhaltungs- und Sportkanäle und konnte auch mobil genutzt werden. Außerdem erwarb die Klägerin einen Oldtimer Ferrari Dino, der von A auch privat genutzt werden konnte; die jährliche Laufleistung belief sich auf ca. 8.000 km. Ferner nutzte A noch einen Smart, der ihm als Dienstwagen überlassen worden war. Das Finanzamt behandelte die Kosten für das Sky-Abonnement sowie für den Ferrari als verdeckte Gewinnausschüttung und rechnete sie dem Einkommen der Klägerin hinzu.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Die Kosten für das Sky-Abonnement waren durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und daher als verdeckte Gewinnausschüttung zu erfassen. Denn das Sky-Abo wurde insbesondere von A genutzt und konnte trotz der im Abonnement enthaltenen Nachrichtenkanäle, die für die Kommunikationsbranche von Interesse sein könnten, auch privat genutzt werden; hierfür sprach die mobile Nutzungsfunktion.

    • Die Aufwendungen für den Oldtimer Ferrari Dino minderten ebenfalls nicht den Gewinn, da es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelte. Die Erfassung als verdeckte Gewinnausschüttung folgt daraus, dass die Aufwendungen ebenfalls durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren. Denn der Ferrari wurde von A privat genutzt, der ein privates Interesse an Autos hatte und Oldtimer-Veranstaltungen besuchte. Angesichts einer Fahrleistung von nur 8.000 km jährlich wird der Ferrari kaum als Dienstwagen genutzt worden sein. Das FG folgte dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass der Ferrari bei Oldtimer-Veranstaltungen betrieblich eingesetzt worden sei, um Kunden zu werben. Zudem war auch der formelle Fremdvergleich nicht erfüllt, weil eine klare Regelung fehlte, ob dem A nur ein oder auch zwei Dienstwagen überlassen werden sollten und welche Fahrzeugklasse als angemessen anzusehen war. Nach dem Anstellungsvertrag war die Klägerin verpflichtet, “einen angemessenen Dienstwagen“ zu überlassen. Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer nutzte neben dem Ferrari auch noch einen Smart und damit zwei Dienstwagen.

    • Schließlich waren die Aufwendungen für den Ferrari auch nicht als Betriebsausgaben abziehbar, weil nach dem Gesetz Aufwendungen für die Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind. Die Nutzung eines Oldtimers ist vergleichbar mit der Nutzung einer Jacht und führt daher steuerlich nicht zu abziehbaren Betriebsausgaben.

    Hinweise: Sowohl bei dem Abonnement für Sky als auch bei dem Ferrari Oldtimer überwog der private Bezug, da A beides in nicht unerheblichem Umfang privat nutzen konnte. Bei Oldtimern und Rennautos ist die Rechtsprechung in der Regel streng und lässt den Betriebsausgabenauszug nicht zu. Der Betriebsausgabenabzug kann nicht mit der Begründung erreicht werden, dass die Aufwendungen betrieblich veranlasst seien. Denn das Betriebsausgabenabzugsverbot erfasst ja gerade betrieblich veranlasste Aufwendungen und schließt den Abzug aus anderen Gründen aus, z.B. wegen einer sozial unangemessenen Repräsentation.

    Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.9.2023 – 6 K 6188/19; NWB

  • Frist für umsatzsteuerliche Zuordnungsentscheidung bei gemischt-genutzten Wirtschaftsgütern

    Will ein Unternehmer ein gemischt-genutztes Wirtschaftsgut, das er also sowohl privat als auch unternehmerisch nutzt, vollständig seinem Unternehmen zuordnen, kann er die für die Zuordnung erforderliche Dokumentation bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Umsatzsteuererklärungen, die für steuerlich vertretene Unternehmer gilt, vornehmen. Nach dem Finanzgericht Köln (FG) gilt für die Dokumentation nicht die kürzere Abgabefrist für steuerlich nicht vertretene Unternehmer. Für ein im Jahr 2019 angeschafftes gemischt-genutztes Wirtschaftsgut konnte die Zuordnungsentscheidung daher bis zum 31.8.2021 getroffen und dokumentiert werden.

    Hintergrund: Verwendet der Unternehmer einen Gegenstand sowohl für sein Unternehmen als auch privat, hat er umsatzsteuerlich ein sog. Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand entweder vollständig oder nur anteilig oder aber gar nicht seinem Unternehmen zuordnen und dementsprechend die Vorsteuer vollständig, anteilig oder gar nicht abziehen. Allerdings muss er bei einer vollständigen Zuordnung die Privatnutzung des Gegenstands der Umsatzsteuer unterwerfen. Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) musste das Zuordnungswahlrecht bis zum Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ausgeübt werden; dabei kam es für alle Unternehmer auf die Abgabefrist an, die für steuerlich nicht beratene Unternehmer gilt: bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2017 war dies der 31.5. des Folgejahrs.

    Sachverhalt: Der durch einen Steuerberater steuerlich vertretene Kläger erwarb im Jahr 2019 eine Photovoltaikanlage; er nutzte den Strom sowohl privat als auch unternehmerisch. Er reichte am 11.3.2021 seine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2019 ein und machte in dieser die Vorsteuer aus der Anschaffung der Photovoltaikanlage in vollem Umfang geltend. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug mit der Begründung ab, dass die Zuordnungsentscheidung bis zum Ende der gesetzlichen Abgabefrist für steuerlich nicht vertretene Steuerpflichtige hätte erfolgen müssen; dies war für den Veranlagungszeitraum 2019 der 31.7.2020.

    Entscheidung: Das FG Köln gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Dem Kläger stand ein Zuordnungswahlrecht zu, da er die Photovoltaikanlage sowohl privat als auch unternehmerisch nutzte. Er konnte dieses Zuordnungswahlrecht in der Weise ausüben, dass er die Photovoltaikanlage in vollem Umfang seinem Unternehmen zuordnet und damit die Vorsteuer in vollständiger Höhe abzieht.

    • Seine Zuordnungsentscheidung musste der Kläger dokumentieren. Diese Dokumentation konnte dadurch erfolgen, dass er den vollständigen Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuerjahreserklärung geltend macht.

    • Die Dokumentation musste zeitnah erfolgen, und zwar bis zum Ende der Abgabefrist für Umsatzsteuererklärungen, die durch einen Steuerberater erstellt werden. Die Abgabefrist endete für den Veranlagungszeitraum 2019 am 31.8.2021. Diese Frist hat der Kläger eingehalten.

    • Es kommt nicht auf die allgemeine Abgabefrist für steuerlich nicht vertretene Steuerpflichtige an, die am 31.7.2020 endete. Denn ansonsten müsste der Kläger sein Zuordnungswahlrecht, das er durch Geltendmachung des vollständigen Vorsteuerabzugs ausüben kann, bis zum 31.7.2020 dokumentieren, obwohl er die Umsatzsteuerjahreserklärung, in der er den Vorsteuerabzug geltend macht, erst 31.8.2021 abgeben muss. Diese wäre mit dem europäischen Mehrwertsteuerrecht nicht vereinbar.

    Hinweise: Das Urteil ist für steuerlich vertretene Unternehmer erfreulich, weil das FG die Dokumentationsfrist für die Zuordnungsentscheidung an diejenige (längere) Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung knüpft, die für steuerlich vertretene Unternehmer gilt. Die allgemeine Abgabefrist endet für 2023 bereits am 2.9.2024, während die Abgabefrist für steuerlich vertretene Unternehmer erst am 2.6.2025 endet.

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat für Veranlagungszeiträume ab 2017 offengelassen, ob für Unternehmer, die steuerlich vertreten werden, eine längere Frist für die Dokumentation ihrer Zuordnungsentscheidung gilt. Das FG hat jedoch keine Revision zugelassen, so dass eine höchstrichterliche Entscheidung aussteht. Für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2016 hat der BFH ausschließlich auf die Abgabefrist für steuerlich nicht vertretene Steuerpflichtige abgestellt; bis einschließlich 2016 ergab sich die verlängerte Abgabefrist für steuerlich vertretene Steuerpflichtige aber auch nicht aus dem Gesetz, sondern nur aus einer Verwaltungsanweisung.

    Die Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung kann auch auf andere Weise als durch einen Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgen, z.B. durch ein Schreiben an das Finanzamt oder durch Versicherungsunterlagen über eine betriebliche Versicherung oder einen Liefervertrag, der das gemischt-genutzte Wirtschaftsgut betrifft.

    Quelle: FG Köln, Urteil vom 7.11.2023 – 8 K 2418/22; NWB

  • Bundesrat stimmt sog. Wachstumschancengesetz zu

    Der Bundesrat hat am 22.3.2024 dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21.2.2024 bestätigt.

    Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses wurden zahlreiche Änderungen am Gesetz vorgenommen, darunter:

    • Einführung einer degressiven Abschreibung auf Abnutzung (AfA) für Wohngebäude in Höhe von 5 Prozent,

    • Einführung einer degressiven AfA auf bewegliche Wirtschaftsgüter für 9 Monate,

    • auf vier Jahre befristete Anhebung des Verlustvortrags auf 70 Prozent (ohne Gewerbesteuer) sowie

    • Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung.

    Das Gesetz hat zum Ziel, mit steuerlichen Investitionsanreizen die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken und soll in der geänderten Fassung zu Entlastungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro führen.

    Das Wachstumschancengesetz war am 17.11.2023 vom Bundestag verabschiedet worden. Am 24.11.2023 hatte der Bundesrat zu dem Gesetz den Vermittlungsausschuss angerufen. Nachdem Bundestag und Bundesrat dem Änderungsvorschlag des Vermittlungsausschusses nun zugestimmt haben, kann es nach Ausfertigung und Verkündung in Kraft treten.

    Quelle: BundesratKOMPAKT, Meldung v. 22.3.2024; NWB

  • Vermietung möblierter Appartements in einem Boardinghouse

    Die Vermietung möblierter Appartements in einem sog. Boardinghouse ist kein Gewerbebetrieb, wenn außer der Vermietung keine wesentlichen Sonderleistungen erbracht werden und wenn die Vermietung für durchschnittlich zwei Monate pro Mieter erfolgt. Der Vermieter erzielt dann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und darf vom Finanzamt nicht zur Buchführung aufgefordert werden.

    Hintergrund: Gewerbliche Einkünfte liegen nicht vor, solange der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird. Die Vermietung von Räumen oder ganzen Immobilien gehört grundsätzlich zur privaten Vermögensverwaltung; dies gilt jedoch nicht, wenn der Vermieter ähnlich wie ein Hotelier vermietet.

    Steuerpflichtige, die gewerbliche oder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielen, aber handelsrechtlich nicht zur Buchführung verpflichtet sind, weil sie keine Kaufleute sind, können vom Finanzamt zur Buchführung verpflichtet werden, wenn ihr Gewinn höher als 60.000 € oder ihr Umsatz höher als 600.000 € ist.

    Sachverhalt: Der Kläger errichtete ein sog. Boardinghouse mit Appartements in einer Größe zwischen 28 qm und 75 qm, die er möblierte. Der Kläger schloss mit der X-GmbH einen Betreiber- und Vermarktungsvertrag; die X-GmbH vermietete die Appartements im Namen des Klägers. Die Appartements konnten nicht ohne Voranmeldung gemietet werden, sondern es musste mehrere Tage vorab ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen werden. Für jeden Aufenthalt wurden Kosten für eine Endreinigung in Höhe von 80 € in Rechnung gestellt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug zwei Monate. In dem Gebäude befand sich kein Speisesaal. Die Appartements wurden alle zwei Wochen gereinigt. Das Finanzamt ging von gewerblichen Einkünften des Klägers aus und forderte ihn auf, ab 2019 Bücher zu führen. Gegen diese Aufforderung wehrte sich der Kläger.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) verneinte eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers und gab der Klage statt:

    • Die Vermietung von Wohnungen führt nur dann zu gewerblichen Einkünften, wenn der Vermieter bestimmte, nicht übliche Sonderleistungen erbringt oder wenn wegen des häufigen Mietwechsels eine unternehmerische Organisation erforderlich ist, die einem Hotel vergleichbar ist.

    • Allein die Zwischenschaltung der X-GmbH führte nicht zwangsläufig zu einer gewerblichen Tätigkeit des Klägers. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Vermieter im Hinblick auf die Art des vermieteten Objekts und auf die Art der Vermietung mit einem Hotelbetrieb vergleichbar ist.

    • Diese Vergleichbarkeit war im Streitfall nicht gegeben. Zwar waren die Appartements wie Hotelzimmer eingerichtet, aber sie konnten nicht spontan angemietet werden, sondern es musste vorab ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen werden. Die Kosten für die Endreinigung in Höhe von 80 € verteuerten kurze Aufenthalte von ein oder zwei Tagen erheblich. In dem Gebäude befand sich weder ein Restaurant noch ein Sportstudio, wie dies bei einem Hotel üblich wäre. Zwar stellte der Kläger einen WLAN-Zugang zur Verfügung und bot die Reinigung sowie Bettwäsche an; dies waren aber unschädliche Zusatzleistungen.

    • Der Kläger erzielte somit keine gewerblichen Einkünfte und durfte daher nicht zur Buchführung aufgefordert werden.

    Hinweise: Bei der Vermarktung der Appartements durch die X-GmbH wurden durchaus verschiedene Sonderleistungen des Boarding-Hauses beworben, die für einen Hotelbetrieb sprachen und damit zu gewerblichen Einkünften hätten führen können; so wurde mit einer Espressobar, Leihfahrrädern, einem Concierge-Service und einer Notfall-Hotline geworben. Das FG vernahm hierzu Zeugen und stellte fest, dass die Leistungen tatsächlich nicht angeboten wurden. Statt einer Telefon-Hotline gab es z.B. lediglich einen Anrufbeantworter. Wären diese Leistungen tatsächlich angeboten worden, wäre das FG vermutlich von gewerblichen Einkünften ausgegangen.

    Quelle: FG Köln, Urteil vom 22.6.2023 – 11 K 315/19; NWB

  • Haftung für Umsatzsteuerbetrug eines Mitarbeiters

    Der Unternehmer schuldet nicht die von seinem Arbeitnehmer betrügerisch ausgewiesene Umsatzsteuer, wenn der Unternehmer die zumutbare Sorgfalt an den Tag gelegt hat, um das Handeln seines Mitarbeiters zu überwachen, der die Daten des Unternehmers ohne dessen Wissen und ohne Zustimmung verwendet hat, um falsche Rechnungen im Namen des Unternehmers auszustellen, damit der Rechnungsempfänger die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer erschleichen kann.

    Hintergrund: Umsatzsteuer schuldet der Unternehmer, der eine Leistung gegen Entgelt erbringt. Daneben gibt es nach deutschem Recht noch verschiedene Haftungstatbestände, nach denen ein anderer als der Unternehmer für die Umsatzsteuer haftet, z.B. eine Bank, die sich Forderungen eines Unternehmers abtreten lässt, der seine Umsatzsteuer nicht bezahlt. Auch in anderen EU-Staaten gibt es verschiedene Haftungsregelungen zur Umsatzsteuer. So haftet in Polen derjenige, der eine Rechnung mit einem ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag ausstellt.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine polnische GmbH, die eine Tankstelle betrieb. Arbeitnehmer P.K. leitete die Tankstelle. Im Zeitraum von Januar 2010 bis April 2014 stellte P.K. ca. 1.600 Rechnungen im Namen der Klägerin aus, ohne dass insoweit tatsächlich Leistungen erbracht wurden. In den Rechnungen wurden insgesamt ca. 320.000 € Umsatzsteuern gesondert ausgewiesen. Die Umsatzsteuer wurde nicht an das Finanzamt abgeführt, und die Rechnungen wurden nicht in der Buchführung der Klägerin erfasst. Tatsächlich hatte P.K. ohne Wissen und ohne Zustimmung der Geschäftsführung der Klägerin die Rechnungen im Namen der Klägerin ausgestellt, damit die Rechnungsempfänger einen betrügerischen Vorsteuerabzug vornehmen konnten. Im Mai 2014 wurde P.K. entlassen. Das polnische Finanzamt setzte gegen die Klägerin die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 320.000 € fest. Das oberste polnische Verwaltungsgericht rief den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.

    Entscheidung: Der EuGH hält eine Haftung der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen für möglich:

    • Umsatzsteuer kann auch dann geschuldet werden, wenn tatsächlich keine Leistung erbracht worden ist. Dies soll die Gefährdung des Steueraufkommens verhindern, die dadurch eintreten kann, dass der Rechnungsempfänger die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend macht. Angesichts des betrügerischen Verhaltens des P.K. und der Rechnungsempfänger bestand eine derartige Gefährdung des Steueraufkommens, weil die Rechnungsempfänger vorhatten, die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend zu machen.

    • Zwar ist es nach dem Wortlaut des polnischen Gesetzes nicht klar, ob die Klägerin, auf deren Namen die gefälschten Rechnungen lauten, oder aber P.K. als tatsächlicher Aussteller der Rechnung die Umsatzsteuer schuldet. Da die Regelung der Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung dient, ist es geboten, die Klägerin nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie nicht die zumutbare Sorgfalt an den Tag gelegt hat, um das Handeln ihres Arbeitnehmers P.K. zu überwachen und dadurch zu verhindern, dass dieser die Daten der Klägerin einschließlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für die Ausstellung falscher Rechnungen zu betrügerischen Zwecken, nämlich zum Zweck einer Umsatzsteuerhinterziehung verwendet. In diesem Fall, d.h. bei fehlender Sorgfalt, kann der Klägerin das betrügerische Handeln ihres Arbeitnehmers P.K. zugerechnet werden.

    • Anderenfalls wäre die Klägerin als gutgläubig anzusehen, und das Finanzamt müsste die Umsatzsteuer gegen den tatsächlichen Aussteller, wenn sie ihn – wie im Streitfall – kennt, festsetzen.

    Hinweise: Im weiteren Verlauf des nun in Polen fortgesetzten Verfahren ist aufzuklären, ob die Klägerin die erforderliche Sorgfalt aufgebracht hat, das kriminelle Verhalten ihres Arbeitnehmers zu verhindern. Aus Sicht des Finanzamts ist dies zu verneinen, weil P.K. die Befugnis gehabt hat, außerhalb des EDV-gestützten Rechnungssystems Rechnungen auszustellen; eine Aufsicht durch die Buchhaltung war unterblieben.

    Der EuGH bestätigt seinen Grundsatz, der auch für Deutschland Bedeutung hat, dass von einem Unternehmer gefordert werden kann, alle Maßnahmen zu ergreifen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass sein Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung führt.

    Quelle: EuGH, Urteil vom 30.1.2024 – C-442/22; NWB

  • Betriebsprüfung nach dem Tod des bisherigen Betriebsinhabers zulässig

    Eine Betriebsprüfung kann auch nach dem Tod des bisherigen Betriebsinhabers angeordnet und durchgeführt werden; sie richtet sich dann gegen die Erben, und zwar auch dann, wenn die Erben den Betrieb nicht fortführen.

    Hintergrund: Eine Betriebsprüfung darf grundsätzlich gegen jeden Steuerpflichtigen, der Gewinneinkünfte erzielt, angeordnet werden. Gewinneinkünfte sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Tätigkeit und aus Land- und Forstwirtschaft.

    Sachverhalt: Die Kläger waren Söhne und Erben ihres Vaters V, der bis zu seinem Tod ein Bauunternehmen betrieben hatten. Die Kläger führten den Betrieb nicht fort. Das Finanzamt erließ gegenüber den Klägern eine Prüfungsanordnung für eine Betriebsprüfung, die mehrere Veranlagungszeiträume vor dem Tod des V betraf. Hiergegen wehrten sich die Kläger.

    Entscheidung: Das Hessische Finanzgericht (FG) wies die Klage ab:

    • Eine Prüfungsanordnung kann gegen jeden Steuerpflichtigen, der Gewinneinkünfte erzielt, angeordnet werden. Der V erzielte als Bauunternehmer gewerbliche Einkünfte, sodass eine Prüfungsanordnung gegen ihn zulässig gewesen wäre.

    • Mit dem Tod des V gingen seine steuerlichen Pflichten auf seine Erben, die Kläger, über, ohne dass hierfür die Betriebsfortführung durch die Kläger erforderlich war. Daher konnte nun gegen die Kläger eine Prüfungsanordnung für Zeiträume ergehen, in denen der V gewerbliche Einkünfte aus seinem Bauunternehmen erzielt hatte. Auf diese Weise kann die Höhe des von V erklärten Gewinns überprüft werden.

    Hinweise: Zwar werden die Kläger dem Außenprüfer möglicherweise keine Auskünfte erteilen oder die geforderten Unterlagen nicht vorlegen können, weil sie selbst den Betrieb nicht geführt haben und ihn vielleicht nicht kennen. Diese Schwierigkeiten sind jedoch bei der späteren Beweisführung zu würdigen, sprechen aber nicht gegen die Zulässigkeit einer Betriebsprüfung.

    Quelle: Hessisches FG, Urteil vom 10.5.2023 – 8 K 816/20, Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH: Az. X B 73/23; NWB

  • Verzicht eines Kommanditisten auf eine Forderung gegen die Personengesellschaft

    Verzichtet ein Kommanditist auf eine Forderung, die er gegen seine KG hat und die er unter Nennwert erworben hat, kommt es bei der KG zu einem Ertrag in Höhe des Nennwerts der passivierten Verbindlichkeit. Dieser Ertrag kann nicht durch die Bildung eines steuerlichen Ausgleichspostens neutralisiert werden.

    Hintergrund: Hat ein Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft eine Forderung gegen die Personengesellschaft, ist dies aus Sicht der Personengesellschaft eine Verbindlichkeit. Damit unternehmerisch tätige Personengesellschaften nicht bessergestellt sind als Einzelunternehmer, gilt der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung: Der Gesellschafter muss seine Forderung in seiner Sonderbilanz in der gleichen Höhe aktivieren, wie die Gesellschaft ihre Verbindlichkeit in ihrer Bilanz passiviert.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren Verbindlichkeiten 28 Mio. € betrugen und die zur C-Gruppe gehörte. Im Jahr 2010 geriet die C-Gruppe in finanzielle Schwierigkeiten. Die Kommanditisten der Klägerin erwarben die Forderungen der Gläubiger im Nennwert von 28 Mio. € zum Preis von 14 Mio. € und verzichteten gegenüber der Klägerin anschließend auf 14 Mio. €, sodass die Klägerin nur noch Verbindlichkeiten in Höhe von 14 Mio. € hatte. Die Klägerin behandelte den hälftigen Wegfall der Verbindlichkeit infolge des Verzichts gewinnneutral, indem sie einen steuerlichen Ausgleichsposten bildete.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Der Verzicht in Höhe von 14 Mio. € erhöhte den Gewinn der Klägerin. Denn die ursprüngliche Verbindlichkeit in Höhe von 28 Mio. € fiel aufgrund des Verzichts auf 14 Mio. € zur Hälfte weg und war nun nur noch 14 Mio. € wert. Damit hat der Verzicht bei der Klägerin zu einem sog. Wegfallgewinn von 14 Mio. € geführt.

    • Die Bildung eines Ausgleichspostens war nicht zulässig, da es für einen Ausgleichsposten keine Rechtsgrundlage gibt. Zwar kann eine Handelsbilanz steuerlich angepasst werden, um die steuerlichen Vorschriften zu befolgen; dies rechtfertigt jedoch nicht die Bildung eines Ausgleichspostens, um den Gewinn aus einem Verzicht zu mindern.

    • Der Wegfallgewinn konnte auch nicht durch eine Einlage kompensiert werden, da die Kommanditisten keine Einlage erbringen konnten. Denn sie durften die Forderungen nur in Höhe des Kaufpreises aktivieren, also in Höhe von 14 Mio. €. Nach dem Verzicht waren die Forderungen immer noch 14 Mio. € wert, sodass sie nichts in das Vermögen der Klägerin eingelegt haben.

    Hinweise: Ein Verzicht führt beim Schuldner, der eine betriebliche Verbindlichkeit hat, zu einem Gewinn. Dieser Gewinn löst in der Regel eine steuerliche Belastung aus. Die steuerliche Belastung kann in bestimmten Fallgestaltungen durch eine Verrechnung mit einem vorhandenen Verlustvortrag, durch eine Einlage oder durch eine Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne gemildert werden.

    Quelle: BFH, Urteil vom 16.11.2023 – IV R 28/20; NWB

  • An- und Verkauf von Forderungen als gewerbliche Tätigkeit

    Der An- und Verkauf nicht werthaltiger Darlehensforderungen stellt nur dann eine gewerbliche Tätigkeit dar, die der Gewerbesteuerpflicht unterliegt, wenn es sich nicht mehr um eine private Vermögensverwaltung handelt. Die für die Gewerblichkeit erforderliche Nachhaltigkeit, d.h. Wiederholungsabsicht, ist insbesondere beim Erwerb der Forderungen zu prüfen, nicht bei der späteren Verwertung der nicht werthaltigen Forderungen.

    Hintergrund: Nutzt ein Steuerpflichtiger die Substanz von Wirtschaftsgütern, die zu seinem Privatvermögen gehören (z.B. Immobilien oder Forderungen), kann dies eine private Vermögensverwaltung sein, die nur im Rahmen der Spekulationsfrist steuerlich beachtlich ist, oder aber eine gewerbliche Tätigkeit, die grds. der Gewerbesteuer unterliegt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt eine selbständige nachhaltige Betätigung voraus, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und mit der sich der Steuerpflichtige am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die nicht bereits aufgrund einer sog. gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig war; Geschäftsführer war nämlich ein Kommanditist. Die Klägerin hatte weder eigene Büroräume noch eigene Angestellte. Die Klägerin erwarb in den Jahren 2004 bis 2006 mit sechs Verträgen nicht werthaltige Darlehensforderungen zu einem Gesamtkaufpreis von insgesamt 2,05 Mio. €; dabei erlangte die Klägerin auch die von den Schuldnern gestellten Sicherheiten. Im Streitjahr 2008 erhielt die Klägerin 3,29 Mio. € aus der Verwertung einer Sicherheit; sie hatte die Verwertung jedoch nicht aktiv betrieben. Das Finanzamt ging von gewerblichen Einkünften aus und erließ einen Gewerbesteuermessbescheid.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verneinte eine Gewerbesteuerpflicht und gab der Klage statt:

    • Die Klägerin war nicht gewerblich tätig. Zwar war sie nachhaltig tätig, also mit Wiederholungsabsicht. Sie hat aber nicht die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten.

    • Bei einem Forderungskäufer ist von einer nachhaltigen Tätigkeit auszugehen, wenn er mit mindestens zwei getrennten Erwerbsgeschäften Forderungen erwirbt. Denn dann handelt es sich nicht nur um eine einmalige Tätigkeit. Bei der Nachhaltigkeit kommt es auf die Erwerbsseite an und nicht auf die Absatzseite; der Ankauf der Forderung ist nämlich die entscheidende Tätigkeit eines Forderungsverwerters, nicht aber die spätere Einziehung der Forderung oder Verwertung der Sicherheit. Im Streitfall hat die Klägerin die Forderungen durch insgesamt sechs Verträge erworben und war damit nachhaltig tätig.

    • Die Tätigkeit der Klägerin überschritt jedoch nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, da sie nicht mit Forderungen gehandelt hat. Sie ist auch nicht als gewerblicher Dienstleister für andere tätig geworden. Weiterhin ist die Klägerin auch nicht wie ein Inkassounternehmen aufgetreten. Sie hat sich also nicht aktiv um eine Forderungsrealisierung bemüht. Schließlich hat die Klägerin weder Arbeitnehmer beschäftigt noch über eigene Büroräume verfügt.

    • Zwar hat die Klägerin hohe finanzielle Mittel für den Forderungserwerb eingesetzt. Allein hohe finanzielle Mittel sprechen aber nicht gegen eine private Vermögensverwaltung, da es auch bei Kapitalanlagen in der privaten Sphäre zu hohen Investitionen kommen kann, etwa beim Ankauf von Immobilien oder Aktien.

    Hinweise: Hätte die Klägerin mehrere Forderungen in nur einem einzigen Vertrag erworben, wäre dies nicht nachhaltig gewesen, weil es sich dann nur um einen einzigen Erwerbsvorgang gehandelt hätte. Etwas anderes hätte gegolten, wenn die Klägerin über eine besondere Büroorganisation oder über Personal verfügt hätte; in diesem Fall wäre es aber vermutlich unwahrscheinlich gewesen, dass sich die Klägerin auf nur einen Erwerbsvorgang beschränkt hätte.

    Bei der Prüfung der Nachhaltigkeit kommt es – anders als im Streitfall – dann auf die Absatzseite an, wenn der Steuerpflichtige Sachwerte verkauft. Die Klägerin hat die Forderungen jedoch nicht verkauft, sondern sie hat sich auf den Einzug von Forderungen sowie auf die Verwertung von Sicherheiten beschränkt.

    Quelle: BFH, Urteil vom 30.11.2023 – IV R 10/21; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Februar 2024)

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Februar 2024 bekannt gegeben.

    Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2024 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.

    Quelle: BMF, Schreiben v. 1.3.2024 - III C 3 - S 7329/19/10001 :006 (2024/0187965); NWB

  • Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

    Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in zwei weiteren Entscheidungen die Höhe der Säumniszuschläge von 12 % jährlich (= 1 % monatlich) als verfassungsgemäß an. Dies gilt auch für den Zeitraum ab dem 1.1.2019, in dem der Zinssatz für Nachzahlungszinsen, die bei Steuernachzahlungen entstehen, aus verfassungsrechtlichen Gründen von 6 % auf 1,8 % jährlich herabgesetzt worden ist. Dem BFH zufolge sind Säumniszuschläge nicht mit Nachzahlungszinsen vergleichbar.

    Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge gilt der Satz von 1 % pro Monat weiterhin; ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten. Der BFH hat bislang überwiegend die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestätigt.

    Sachverhalt: In den beiden aktuellen Fällen ging es um Säumniszuschläge für Zeiträume ab dem 1.1.2019. Eines der beiden Verfahren war ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem es um die Aussetzung der Vollziehung eines Abrechnungsbescheids über Säumniszuschläge ging. Das andere Verfahren betraf eine Klage gegen einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge. Für die beiden Verfahren waren der X. und der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zuständig.

    Entscheidung: Beide Senate des BFH bestätigten die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge:

    • Der X. und der XI. Senat des BFH stützen sich jeweils auf zwei Urteile des VII. BFH-Senats, in denen dieser für Zeiträume bis zum 31.12.2018 die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bejaht hat.

    • Für Säumniszuschläge gelten nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die vom BVerfG an Nachzahlungszinsen gestellt werden. Bei Säumniszuschlägen geht es nämlich vorrangig um die Sanktionierung einer verspäteten Zahlung, während bei Zinsen die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen im Vordergrund steht.

    • Zwar gibt es seit dem Jahr 2014 ein strukturelles Niedrigzinsniveau in Deutschland; dieses muss bei Säumniszuschlägen aber nicht berücksichtigt werden, da Säumniszuschläge weder Zinsen sind noch einen konkreten Zinsanteil enthalten.

    • Die Ausführungen des VII. BFH-Senats bezogen sich zwar auf Zeiträume bis zum 31.12.2018; nach den beiden aktuellen Entscheidungen des BFH gelten diese Ausführungen aber auch für Zeiträume ab 2019. Denn die verfassungsrechtlichen Gründe für eine Unterscheidung zwischen Nachzahlungszinsen einerseits und Säumniszuschlägen andererseits gilt auch für Zeiträume ab 1.1.2019.

    Hinweis: Zwar gibt es auch eine abweichende Entscheidung eines weiteren BFH-Senats (VIII. Senat), der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert hat. In den beiden aktuellen Entscheidungen wird die abweichende Entscheidung dieses weiteren Senats aber als überholt bezeichnet, weil nunmehr die Urteile des VII. Senats vorliegen, die die Verfassungsmäßigkeit bestätigen.

    Eine abschließende Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit kann nur vom BVerfG getroffen werden.

    Quelle: BFH, Beschluss vom 13.9.2023 – XI B 38/22 (AdV); Urteil vom 23.8.2023 - X R 30/21; NWB

  • Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für einen Zins-Swap

    Aufwendungen für einen Zins-Swap sind gewerbesteuerlich grds. nicht dem Gewinn hinzuzurechnen, da die Aufwendungen nicht für eine Kapitalüberlassung in Gestalt eines Darlehensvertrags gezahlt werden. Eine Hinzurechnung kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Zins-Swap und der Darlehensvertrag als einheitliche Schuld zusammengefasst werden können, weil sie in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten sind.

    Hintergrund: Bei der Gewerbesteuer wird ein Viertel der Zinsen dem Gewinn wieder hinzugerechnet, soweit der Hinzurechnungsbetrag zusammen mit anderen gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen 200.000 € übersteigt.

    Sachverhalt: Die Klägerin schloss am 21.7.2006 mit einem spanischen Bankenkonsortium, das aus vier Banken bestand, einen Darlehensvertrag über ein Gesamtvolumen von ca. 180 Mio. €. Am 19.10.2006 traten sechs weitere Banken dem Konsortium bei, sodass insgesamt zehn Banken zum Konsortium gehörten. Im Zeitraum vom 31.10.2006 bis 12.1.2007 schloss die Klägerin mit den vier ursprünglichen Konsortiumsbanken jeweils einen Zins-Swap-Vertrag. Der jeweilige Zins-Swap-Vertrag sollte bis zum 31.12.2014 laufen und bezog sich auf einen Sicherungsbetrag von 20 Mio. € (insgesamt 80 Mio. €); der Zins-Swap-Vertrag war von der Valutierung des Darlehens unabhängig. Das Finanzamt sah in den Zins-Swap-Aufwendungen i. H. von ca. 2 Mio. € (2010) und ca. 1,6 Mio. € (2011) Zinsen und rechnete sie gewerbesteuerlich hinzu.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Der BFH widersprach der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Die Zins-Swap-Aufwendungen waren keine Zinsen, da sie nicht für die Überlassung von Kapital gezahlt wurden.

    • Der Zins-Swap-Vertrag und der Darlehensvertrag könnten nur dann als einheitliche Schuld zusammengefasst werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies wäre der Fall, wenn sie in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten wären, also beide Verträge die identischen Vertragspartner hätten, zum gleichen Zeitpunkt abgeschlossen worden wären, gleich hohe Beträge und Laufzeiten hätten und wenn die Fälligkeitstermine der Zins- und Swapverbindlichkeiten aufeinander abgestimmt wären.

    • Die vorstehend genannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn weder Laufzeit noch die Höhe der Darlehensvaluta waren identisch. Die ursprünglichen vier Konsortialbanken, die auch Vertragspartner der Zins-Swap-Vereinbarungen waren, hatten Darlehen nur i.H. von jeweils ca. 13,6 Mio. € gewährt, während sich der jeweilige Zins-Swap auf jeweils 20 Mio. € bezog. Zudem waren die Zins-Swap-Aufwendungen unabhängig von den Darlehensvertragsverpflichtungen zu erbringen. Ferner sind die Zins-Swap-Vereinbarungen weder vollständig noch anteilig auf die weiteren sechs Konsortialbanken, die dem Konsortium später beigetreten sind, übergegangen.

    Hinweise: Im Streitfall blieb es somit bei dem Grundsatz, dass mehrere Schuldverhältnisse nicht zusammengefasst werden können. Ein bloßer Kausalzusammenhang zwischen den Verträgen, dass der Zins-Swap-Vertrag ohne den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen worden wäre, reicht nicht aus.

    Ein Zins-Swap, also Zinstausch, dient dazu, die Risiken, die sich aus schwankenden Zinssätzen ergeben, zu mindern. Im Ergebnis soll eine Zinssicherung erreicht werden.

    Wird im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Immobiliendarlehen durch einen Zins-Swap abgesichert, sind die laufenden Aufwendungen für den Zins-Swap zwar Werbungskosten, nämlich Schuldzinsen. Ein abschließender Verlust bei Beendigung des Zins-Währungs-Swaps ist nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung aber nicht als Werbungskosten absetzbar, weil er aus dem Fremdwährungsrisiko resultiert und damit die nicht steuerbare Vermögenssphäre betrifft.

    Quelle: BFH, Urteil vom 16.11.2023 – III R 27/21; NWB

  • Zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer muss nicht stets an das Finanzamt abgeführt werden

    Weist ein Unternehmer zu Unrecht Umsatzsteuer aus, muss er diese nicht an das Finanzamt abführen, wenn er in gutem Glauben war, dass seine Leistung der Umsatzsteuer unterliegt, oder wenn sein Vertragspartner nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.

    Hintergrund: Wird Umsatzsteuer zu Unrecht in einer Rechnung ausgewiesen, obwohl die Leistung gar nicht der Umsatzsteuer unterliegt, muss der Rechnungsaussteller nach dem Gesetz die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.

    Sachverhalt: Die Klägerin erbrachte Postdienstleistungen, u. a. Zustellungen für Behörden. Die meisten Kunden (ca. 99 %) waren nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts, die die Klägerin zuvor beantragt hatte, waren die Zustellungen umsatzsteuerpflichtig. Die Klägerin stellte ihren Kunden, insbesondere den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Behörden, die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung. Später stellte sich heraus, dass die Zustellungen umsatzsteuerfrei waren. Das Finanzamt verlangte nun die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer von der Klägerin.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Das FG Köln schränkt die gesetzliche Regelung, nach der zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden muss, ein.

    • Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zufolge muss zu Unrecht gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt werden, wenn der Leistungsempfänger eine Privatperson ist und daher nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das Umsatzsteueraufkommen ist dann nämlich nicht gefährdet, weil die Privatperson die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gar nicht als Vorsteuer geltend machen kann.

    • Diese Rechtsprechung lässt sich auch auf den Streitfall übertragen. Zwar waren die Leistungsempfänger keine Privatpersonen, sondern ganz überwiegend Behörden. Die Behörden waren aber ebenfalls nicht vorsteuerabzugsberechtigt, sodass insoweit ebenfalls keine Gefahr bestand, dass Vorsteuer geltend gemacht wird.

    • Die Pflicht, die zu Unrecht gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, greift auch nicht insoweit, als die Klägerin im Umfang von etwa 1 % Leistungen an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer erbracht hat, die die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen könnten. Die Klägerin befand sich nämlich in gutem Glauben, als sie von einer Umsatzsteuerpflicht ihrer Leistungen im Bereich der Zustellungen ausging. Sie hatte eine verbindliche Auskunft des Finanzamts erhalten, nach der die Leistungen umsatzsteuerpflichtig sein sollten. Es wäre unverhältnismäßig, von der Klägerin zu verlangen, dass sie die Umsatzsteuer nun abführen muss oder aber sämtliche Rechnungen, die sie den vorsteuerabzugsberechtigten Vertragspartnern ausgestellt hat, berichtigen muss, um die Abführung der Umsatzsteuer zu vermeiden.

    Hinweise: Gegen das Urteil ist Revision beim BFH eingelegt worden. Sollte der BFH das Urteil des FG bestätigen, müssten die Rechnungen aufgrund der Gutgläubigkeit der Klägerin nicht berichtigt werden. Die Klägerin könnte die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer behalten, sofern die Vertragspartner nicht die Rückzahlung der Umsatzsteuer von ihr verlangen.

    Die Gutgläubigkeit der Klägerin folgte im Streitfall aus der falschen verbindlichen Auskunft, die zu Ungunsten der Klägerin ergangen war; denn das Finanzamt hatte fehlerhaft eine Umsatzsteuerpflicht bejaht. Ohne diese verbindliche Auskunft wäre die Gutgläubigkeit nicht zu bejahen gewesen. Das Urteil bleibt jedoch erfreulich, soweit es um fehlerhaft ausgewiesene Umsatzsteuer gegenüber Unternehmern, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, oder gegenüber Privatpersonen geht.

    Quelle: FG Köln, Urteil vom 25.7.2023 – 8 K 2452/21, Rev. beim BFH: Az. V R 16/23; NWB

  • Verfassungswidrige Regelung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwester-Personengesellschaften

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält es für verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber die Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen zwei Personengesellschaften, die dieselben Gesellschafter haben (sog. beteiligungsidentische Schwester-Personengesellschaften), zum Buchwert nicht zulässt, sodass der Wertzuwachs in Gestalt der stillen Reserven versteuert werden muss, hingegen die Überführung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers in ein anderes Betriebsvermögen desselben Einzelunternehmers zum Buchwert zulässt. Der Gesetzgeber muss daher rückwirkend zum 1.1.2021, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, eine verfassungskonforme Neuregelung schaffen.

    Hintergrund: Grundsätzlich werden bei einem Verkauf oder der Entnahme eines Wirtschaftsguts die stillen Reserven aufgedeckt und versteuert. Bestimmte Übertragungen- bzw. Überführungen werden jedoch steuerlich begünstigt, weil sich das Wirtschaftsgut weiterhin im Betriebsvermögen befindet. So kann z.B. ein Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Einzelunternehmers zum Buchwert überführt werden. Eine entsprechende Regelung fehlt bei Personengesellschaften, selbst wenn beide Personengesellschaften dieselben Gesellschafter haben. Zum Buchwert möglich sind bei Personengesellschaften aber Übertragungen eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters und umgekehrt.

    Sachverhalt: Die A-KG war gewerblich tätig und veräußerte am 24.8.2001 zwei Grundstücke an die B-KG, die dieselben Gesellschafter hatte wie die A-KG. Als Kaufpreis wurde der bilanzielle Buchwert vereinbart, der niedriger war als der tatsächliche Wert. Die A-KG sah dies als gewinnneutral an. Das Finanzamt ging hingegen davon aus, dass die stillen Reserven, also die Wertdifferenz zwischen dem tatsächlichen Wert und dem Buchwert, aufgedeckt worden seien und versteuert werden müssten. Die Regelung über die Buchwertfortführung wandte das Finanzamt nicht an, weil diese nur für Überführungen von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Einzelunternehmers gilt, nicht aber zwischen Schwester-Personengesellschaften.

    Entscheidung: Das BVerfG, das vom Bundesfinanzhof (BFH) angerufen worden war, hält die gesetzliche Regelung, die nur auf die Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen beschränkt ist, für verfassungswidrig:

    • Im Streitfall war eine Buchwertfortführung nach dem Gesetzeswortlaut nicht möglich. Denn danach gibt es keine Möglichkeit, dass ein Wirtschaftsgut zwischen zwei beteiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften zum Buchwert übertragen wird. Die für Einzelunternehmer geltende Regelung lässt sich auf Personengesellschaften nicht entsprechend anwenden, weil es bei Übertragungen zwischen Personengesellschaften – anders als bei einem Einzelunternehmer – zu einem Rechtsträgerwechsel kommt.

    • Der gesetzliche Ausschluss der Buchwertfortführung bei Übertragungen zwischen zwei Schwester-Personengesellschaften ist verfassungswidrig, weil eine Ungleichbehandlung zwischen Einzelunternehmern und Personengesellschaften besteht.

    • Für diese Ungleichbehandlung bestehen keine Rechtfertigungsgründe. Die Ungleichbehandlung kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Gesetzgeber missbräuchliche Gestaltungen verhindern wollte. Denn hierfür gibt es bereits rechtliche Möglichkeiten, die im Einzelfall angewendet werden könnten, z.B. der sog. Gestaltungsmissbrauch oder sog. Gesamtplan.

    • Zwar kann theoretisch die Buchwertfortführung durch eine sog. Kettenübertragung erreicht werden, indem das Wirtschaftsgut nicht unmittelbar von der einen Schwester-Personengesellschaft auf die andere Schwester-Personengesellschaft übertragen wird, sondern über den Umweg des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters zum Buchwert auf die andere Schwester-Personengesellschaft übertragen wird; eine solche Möglichkeit lässt der Wortlaut des Gesetzes nämlich zu. Allerdings besteht hier das Risiko, dass die Finanzverwaltung einen Gestaltungsmissbrauch annimmt.

    Hinweise: Der Gesetzgeber muss rückwirkend ab dem 1.1.2001 eine verfassungskonforme Neuregelung verabschieden. Bis dahin bleibt die bisherige Regelung noch in Kraft. Die Neuregelung würde für bereits abgeschlossene Übertragungen gelten, wenn es entweder noch keinen Bescheid gibt oder aber der bisherige Bescheid angefochten ist oder aber vorläufig ist bzw. der Bescheid unter einem noch wirksamen Vorbehalt der Nachprüfung steht.

    Das BVerfG hat sich nur zur Übertragung zwischen vollständig beteiligungsidentischen Personengesellschaften geäußert, nicht aber zu Übertragungen zwischen Personengesellschaften, die nur teilweise dieselben Gesellschafter haben.

    Quelle: BVerfG, Beschluss vom 28.11.2023 – 2 BvL 8/13; NWB

  • Umsatzsteuerliche Aufteilung eines Preises für ein Fast-Food-Sparmenü

    Das Entgelt für ein sog. Sparmenü eines Fast-Food-Restaurants ist umsatzsteuerlich aufzuteilen, wenn das Essen lediglich mit 7 % und das Getränk mit 19 % besteuert wird. Diese Aufteilung kann nach dem Verhältnis der Wareneinsatzanteile erfolgen, wenn diese Aufteilung aufgrund der bereitgestellten Computerdaten einfach und möglich ist. Es erfolgt dann keine Aufteilung nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise der Speise und des Getränks, die für den Unternehmer in der Regel ungünstiger ist.

    Hintergrund: Der Verkauf eines einfachen Essensgerichts zum Mitnehmen unterliegt einem Umsatzsteuersatz von 7 %, z.B. der Verkauf eines Hamburgers zum Mitnehmen. Der Verkauf eines Getränks durch einen Imbissbetreiber unterliegt jedoch einem Umsatzsteuersatz von 19 %. Werden beide Komponenten (Essen und Getränk) einzeln verkauft, ist die Ermittlung der Umsatzsteuer unproblematisch. Schwieriger ist es, wenn es einen Einheitspreis gibt, wie dies bei den sog. Sparmenüs in Hamburger-Imbissläden häufig der Fall ist.

    Sachverhalt: Der Kläger betrieb Fast-Food-Restaurants und verkaufte in den Streitjahren 2014 bis 2016 u.a. Sparmenüs zum Mitnehmen, für die der Kunde einen Einheitspreis zu entrichten hatte. Der Kläger teilte die Umsatzsteuer nach der sog. "Food and Paper"-Methode auf, d.h. nach dem Wareneinsatz. Die hierfür erforderlichen Daten, insbesondere die täglichen Wareneinkaufspreise, wurden ihm über die EDV tagesaktuell bereitgestellt. Das Finanzamt folgte dieser Aufteilung nicht, sondern teilte den Preis für das Menü nach den Einzelverkaufspreisen auf; dies führte zu einer höheren Umsatzsteuer.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Der Kläger hat mit dem Verkauf eines sog. Sparmenüs zwei selbständige Lieferungen ausgeführt, nämlich das Essen sowie ein Getränk verkauft. Für beide Lieferungen galten unterschiedliche Steuersätze, da das Essen zum Mitnehmen einem Steuersatz von 7 % unterlag, das Getränk hingegen einem Steuersatz von 19 %. Daher war der Menüpreis aufzuteilen.

    • Die Aufteilung ist im Wege einer sachgerechten Schätzung vorzunehmen. Die von der Klägerin vorgenommene Aufteilung nach Einkaufspreisen ist ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab, wenn die Einkaufspreise tagesaktuell vom Franchisegeber (z.B. McDonalds) bereitgestellt werden und daher dem Kläger zur Verfügung stehen und per Knopfdruck abrufbar sind. Unbeachtlich ist, dass der Datenumfang erheblich ist.

    • Die Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen wäre keine sachgerechtere oder einfachere Aufteilungsmethode.

    Hinweise: Nach der Rechtsprechung ist für die Aufteilung eines Entgelts die einfachstmögliche Berechnungs- oder Bewertungsmethode zu wählen. Gibt es mehrere sachgerechte, gleich einfache Methoden, hat der Unternehmer ein Wahlrecht, welche Methode er anwendet.

    Die vom FG anerkannte Aufteilung nach Einkaufspreisen ist für den Unternehmer günstiger, wenn er Getränke mit einem hohen Aufschlagsatz verkauft. Denn bei einer Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen würden die (teureren) Getränke, die mit 19 % besteuert werden, dann zu einem höheren Umsatzsteueranteil von 19 % führen.

    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig.

    Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.11.2022 - 12 K 3098/19, Rev. beim BFH: XI R 19/23; NWB

  • Befristete Verlängerung der Grunderwerbsteuerbefreiungen bei Personengesellschaften

    Der Gesetzgeber hat die bestehenden Grunderwerbsteuerbefreiungen bei Grundstücksübertragungen zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern für den Zeitraum bis zum 31.12.2026 verlängert. Ohne diese Verlängerung hätte ein Auslaufen der Befreiungen am 31.12.2023 gedroht, weil die grunderwerbsteuerlichen Befreiungen eine sog. Gesamthand verlangen, die es aufgrund der zivilrechtlichen Reform der Personengesellschaften seit dem 1.1.2024 nicht mehr gibt.

    Hintergrund: Grundstücksübertragungen im Bereich der Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern sind bislang grunderwerbsteuerfrei gewesen, soweit der Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt ist. Ist ein Gesellschafter z. B. zu 40 % an einer OHG beteiligt, bleibt eine Grundstücksübertragung von der OHG auf den Gesellschafter und umgekehrt zu 40 % steuerfrei. Die grunderwerbsteuerlichen Befreiungen setzen dabei voraus, dass die Personengesellschaft ein Gesamthandsvermögen hat, was bis zum 31.12.2023 auch der Fall war. Mit Wirkung zum 1.1.2024 ist jedoch das Recht der Personengesellschaften reformiert worden und die Gesamthand entfallen. Stattdessen gibt es nun ein Gesellschaftsvermögen – und dieser Begriff wird bislang nicht in den Befreiungsvorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes erwähnt.

    Neuregelung: Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1.1.2024 folgende Regelung verabschiedet:

    • Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.

    • Durch diese Regelung wird fingiert, dass die Grunderwerbsteuerbefreiungen, die eine Gesamthand voraussetzen, trotz des zivilrechtlichen Wegfalls der Gesamthand zum 1.1.2024 auch weiterhin anwendbar sind, wenn die Personengesellschaft rechtsfähig ist, also nach außen auftritt. Dies betrifft insbesondere die GbR, die OHG, die KG und die GmbH & Co. KG.

    • Die Neuregelung ist befristet bis zum 31.12.2026, gilt also nur für den Zeitraum 2024 bis 2026.

    Hinweise: Der Gesetzgeber hat das Recht der Personengesellschaften reformiert und dabei nicht beachtet, dass sich diese Reform auf das Steuerrecht auswirkt, weil verschiedene Befreiungs- oder Begünstigungsregelungen im Steuerrecht eine Gesamthand voraussetzen, die es seit dem 1.1.2024 nicht mehr gibt. Mit der aktuellen Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber nun erst einmal für eine dreijährige Übergangslösung im Grunderwerbsteuerrecht gesorgt.

    Ob es danach eine weitere Verlängerung der Grunderwerbsteuerbefreiung geben wird oder ob nicht ohnehin das gesamte Grunderwerbsteuerrecht reformiert wird, bleibt abzuwarten. Für eine umfassende Reform gibt es bereits einen Entwurf einer Arbeitsgruppe. Danach könnte es eine einheitliche Befreiung für Personen- und Kapitalgesellschaften bei Grundstücksübertragungen auf ihre Gesellschafter oder von ihren Gesellschaftern geben, wenn eine 100%ige Beteiligung besteht.

    Quellen: § 24 GrEStG (Art. 29) i. V. mit Art. 36 Abs. 3 sowie Art. 30 und Art. 36 Abs. 5 i. d. F. des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes vom 22.12.2023, BGBl. I 2023, Nr. 411; NWB

  • Teilwertabschreibung auf hybride Anleihen ohne feste Laufzeit

    Ein Unternehmer, der börsennotierte verzinsliche Wertpapiere ohne feste Laufzeit und ohne eigene Kündigungsmöglichkeit erworben hat (sog. hybride Anleihen), kann zum Bilanzstichtag eine Teilwertabschreibung vornehmen, wenn der Börsenkurs der Anleihen um mehr als 5 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Hybride Anleihen werden damit steuerlich abweichend von festverzinslichen Wertpapieren mit fester Laufzeit behandelt, bei denen eine Teilwertabschreibung grundsätzlich nicht zulässig ist.

    Hintergrund: Ein bilanzierender Unternehmer kann eine gewinnmindernde Teilwertabschreibung auf ein Wirtschaftsgut vornehmen, wenn am Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die zwei Anleihen der XY-Bank erworben hatte. Die Anleihen waren börsennotiert und hatten einen variablen Zinssatz. Sie hatten keine feste Laufzeit und konnten nur von der Emittentin (XY-Bank) gekündigt werden, nicht aber von der Klägerin. Im Fall der Kündigung waren 100 % zurückzuzahlen. Die beiden Anleihen waren 2006 und 2009 emittiert worden. Am 31.12.2012 war der Kurswert der beiden Anleihen auf jeweils ca. 50 % gesunken. Die Klägerin nahm zum 31.12.2012 gewinnmindernde Teilwertabschreibungen auf den Kurswert vor. Im Jahr 2021 wurden die Anleihen von der XY-Bank gekündigt und der Nominalwert an die Klägerin vollständig zurückgezahlt.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Teilwertabschreibungen:

    • Am 31.12.2012 lag eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bei beiden Anleihen vor. Die Klägerin durfte daher Teilwertabschreibungen vornehmen.

    • Der Teilwert entspricht bei börsennotierten Wertpapieren dem Kurswert. Dieser lag am 31.12.2012 unter den Anschaffungskosten, so dass eine Wertminderung anzunehmen war.

    • Die Wertminderung war auch voraussichtlich dauernd, da nicht abzusehen war, wann der Kurs wieder steigt. Zwar sind hybride Anleihen mit 100 % zurückzuzahlen; allerdings ist nicht sicher, wann die Rückzahlung erfolgt. Denn bei hybriden Anleihen gibt es keine feste Laufzeit, und die hybride Anleihe kann auch nur vom Emittenten gekündigt werden. Solange keine Kündigung durch den Emittenten erfolgt, ist eine Rückzahlung unsicher; der Kurswert steigt also nicht zwingend jedes Jahr an.

    • Anders ist dies bei einem sog. endfälligen Wertpapier wie einem festverzinslichen Wertpapier mit einer bestimmen Laufzeit. Bei diesem muss lediglich das Ende der Laufzeit abgewartet werden, um den Nominalwert von 100 % zurückzuerhalten. Mit jedem Jahr nähert sich der Wert des festverzinslichen Wertpapiers also dem Rückzahlungswert von 100 % an.

    Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass sich festverzinsliche Wertpapiere mit einer bestimmten Laufzeit einerseits und hybride Anleihen ohne feste Laufzeit und ohne Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers andererseits unterscheiden. Bei hybriden Anleihen ist daher eine Teilwertabschreibung grundsätzlich möglich, wenn der Kurswert am Bilanzstichtag um mehr als 5 % unter den Anschaffungskosten liegt. Die 5 % stellen eine sog. Bagatellgrenze dar, die der BFH für Teilwertabschreibungen auf Aktien entwickelt hat.

    Der Teilwertabschreibung zum 31.12.2012 war möglich, obwohl die Bonität der XY-Bank als Emittentin am 31.12.2012 gut war. Unbeachtlich war zum 31.12.2012 auch, dass die XY-Bank die Anleihen im Jahr 2021 kündigte und vollständig zurückbezahlte.

    Quelle: BFH, Urteil vom 23.8.2023 - XI R 36/20; NWB

  • Keine umsatzsteuerliche Durchschnittssatzbesteuerung bei Verzicht auf Lieferrecht

    Der Verzicht eines Landwirts auf ein vertragliches Lieferrecht gegen Abfindung unterliegt nicht der Durchschnittssatzbesteuerung für Land- und Forstwirte, sondern wird dem Regelsteuersatz von 19 % unterworfen.

    Hintergrund: Landwirte, deren Umsatz im Vorjahr 600.000 € nicht überschritten hat, können die sog. Durchschnittssatzbesteuerung anwenden. Ihre land- und forstwirtschaftlichen Leistungen unterliegen dann einer Umsatzsteuer von 9 %. Im Gegenzug wird eine pauschale Vorsteuer von 9 % berücksichtigt (Jahr 2023; im Jahr 2024 sinkt der Durchschnittssatz auf 8,4 %). Im Streitjahr 2013 betrug der Durchschnittssatz 10,7 %.

    Sachverhalt: Der Kläger war Landwirt und schloss im März 2011 mit einer KG einen Liefervertrag über die regelmäßige Lieferung von Gemüse. Im Mai 2013 hoben der Kläger und die KG den Liefervertrag auf. Der Kläger erhielt hierfür eine Abfindung i.H. von 110.000 € zzgl. der 2013 gültigen Umsatzsteuer (Durchschnittssatz) von 10,7 %, insgesamt also 121.770 €. Das Finanzamt erkannte den Durchschnittsatz nicht an, sondern setzte den Regelsteuersatz von 19 % an.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt den Regelsteuersatz von 19 % für zutreffend und wies die Klage im Grundsatz ab:

    • Hätte die Klägerin das Gemüse geliefert, hätte die Lieferung dem im Jahr 2013 geltenden Durchschnittssteuersatz von 10,7 % unterlegen. Die Klägerin hat das Gemüse aber nicht geliefert, sondern hat gegen Entgelt auf ihr Recht, Gemüse entgeltlich zu liefern, verzichtet.

    • Zwar wird die Aufhebung eines Vertrags grundsätzlich genauso umsatzsteuerlich behandelt wie die vertraglich vereinbarte Leistung; denn bei der Aufhebung handelt es sich um den gegenläufigen Vorgang. Dies gilt aber nicht, wenn die Leistung, die im Verzicht liegt, nicht dem Zweck der Umsatzsteuervergünstigung dient.

    • Die Vergünstigung, die in der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG liegt, gilt nach dem europäischen Mehrwertsteuerrecht nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Dienstleistungen; sie gilt aber nicht für den Verzicht auf eine Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse bzw. auf eine landwirtschaftliche Dienstleistung.

    • Der Durchschnittssteuersatz wird im Übrigen auch deshalb gewährt, weil die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse typischerweise zu einer entsprechenden Vorsteuerbelastung führt; aus diesem Grund wird i.H. des Durchschnittssatzes ein gleich hoher Vorsteuersatz pauschal gewährt. Bei einem Verzicht auf ein Lieferrecht gibt es vorher aber keine Eingangsleistungen (z.B. Einkäufe), die typischerweise vorsteuerbelastet sind.

    Hinweise: Zwar hat der BFH den Durchschnittssteuersatz abgelehnt, sodass das Entgelt für den Verzicht einem Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt. Der BFH hat die Sache jedoch an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen; denn es muss nun prüfen, ob die Klägerin Vorsteuer für Eingangsleistungen geltend machen kann, die mit dem Verzicht im Zusammenhang stehen.

    Das Urteil des BFH wirkt sich nur auf das Entgelt für den Verzicht aus, nicht aber auf die landwirtschaftlichen Lieferungen der Klägerin. Diese werden unverändert mit dem Durchschnittssteuersatz besteuert; in gleicher Höhe wird eine pauschale Vorsteuer gewährt.

    Quelle: BFH, Urteil vom 23.8.2023 – XI R 27/21; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Januar 2024)

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Januar 2024 bekannt gegeben.

    Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2024 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.

    Quelle: BMF, Schreiben v. 1.2.2024 - III C 3 - S 7329/19/10001 :006 (2024/0041704); NWB

  • Finanzielle Eingliederung bei einer Organschaft

    Eine körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft setzt die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) in den Organträger (Muttergesellschaft) und damit die Stimmenmehrheit des Organträgers bei der Organgesellschaft voraus. Ist nach der Satzung der Organgesellschaft für Beschlüsse der Organgesellschaft eine qualifizierte Stimmenmehrheit erforderlich, die höher ist als die Stimmenmehrheit des Organträgers, besteht keine finanzielle Eingliederung und damit auch keine Organschaft.

    Hintergrund: Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft wird das Ergebnis der Organgesellschaft dem Organträger steuerlich zugerechnet und von diesem versteuert. Voraussetzung für eine körperschaftsteuerliche Organschaft ist u. a. die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger sowie der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags, durch den sich die Organgesellschaft verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an den Organträger abzuführen.

    Sachverhalt: Die A-GmbH war mit 79,8 % an der B-GmbH beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag der B-GmbH war für Beschlüsse eine Mehrheit von 91 % aller in der Gesellschaftsversammlung anwesenden Stimmen erforderlich. Ende 2013 schlossen die A-GmbH und die B-GmbH einen Gewinnabführungsvertrag und machten für die Streitjahre 2014 bis 2016 eine Organschaft geltend, sodass die A-GmbH das Einkommen der B-GmbH versteuern sollte. Das Finanzamt verneinte in einem negativen Feststellungsbescheid sowohl gegenüber der A-GmbH als auch gegenüber der B-GmbH das Bestehen einer Organschaft. Hiergegen klagten die A-GmbH und die B-GmbH.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage der beiden GmbH ab:

    • Zwar genügt für die finanzielle Eingliederung einer Organgesellschaft in den Organträger grundsätzlich die einfache Mehrheit der Stimmrechte.

    • Dies gilt aber nicht, wenn es bei der Organgesellschaft ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis gibt, d. h. für Beschlüsse der Organgesellschaft eine höhere als die einfache Stimmenmehrheit erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat nämlich bewusst nicht auf die Mehrheit der Anteile und damit auf die einfache Stimmenmehrheit abgestellt.

    • Im Streitfall hatte die A-GmbH zwar eine Stimmenmehrheit von 79,8 %, aber bei der B-GmbH war eine Stimmenmehrheit von 91 % erforderlich, die die A-GmbH nicht erreichte. Damit bestand keine finanzielle Eingliederung, sodass die Organschaft für die Streitjahre 2014 bis 2016 zu verneinen war. Dies hat zur Folge, dass die von der B-GmbH an die A-GmbH abgeführten Gewinne als verdeckte Gewinnausschüttungen dem Einkommen der B-GmbH hinzuzurechnen waren und die B-GmbH hierauf Körperschaftsteuer entrichten muss.

    Hinweise: Offen blieb, ob eine finanzielle Eingliederung auch dann zu verneinen gewesen wäre, wenn nur für einen Teil der Beschlüsse bei der B-GmbH eine qualifizierte Mehrheit erforderlich gewesen wäre, für den anderen Teil der Beschlüsse aber eine einfache Mehrheit genügen würde.

    Lehnt das Finanzamt die körperschaftsteuerliche Organschaft in einer sog. einheitlichen und gesonderten Feststellung ab, in der über das Bestehen einer Organschaft sowohl gegenüber dem möglichen Organträger als auch gegenüber der möglichen Organgesellschaft entschieden wird, können – wie im Streitfall – sowohl der Organträger als auch die Organgesellschaft hiergegen klagen und die Aufhebung der negativen Feststellung verlangen.

    Quelle: BFH, Urteil vom 9.8.2023 – I R 50/20; NWB

  • Grenzüberschreitende Verlustverrechnung ohne Organschaft

    Die Verluste einer ausländischen Tochtergesellschaft können nur dann mit dem Gewinn der inländischen Muttergesellschaft verrechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft ihre Tätigkeit einstellt und die Muttergesellschaft die Verluste der Tochtergesellschaft tatsächlich jährlich getragen hat.

    Hintergrund: Eine Verrechnung von Verlusten einer Gesellschaft mit dem Gewinn einer anderen Gesellschaft setzt grundsätzlich eine Organschaft voraus, bei der sich die Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) in einem Gewinnabführungsvertrag verpflichtet, ihren Gewinn an den Organträger (Muttergesellschaft) abzuführen. Ist die Organgesellschaft eine GmbH, muss sich der Organträger verpflichten, die Verluste der GmbH zu übernehmen.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die ihren Sitz in Deutschland hatte und Alleingesellschafterin der F, einer französischen Kapitalgesellschaft, war. Eine Organschaft bestand nicht. Die F wurde zum 31.10.2012 auf die Klägerin verschmolzen; bis zu diesem Zeitpunkt hatte die F seit vielen Jahren Verluste erwirtschaftet. Die Klägerin hatte diese Verluste aber nicht jährlich getragen. Die Klägerin wollte ihren Gewinn des Jahres 2012 mit dem Verlust der F aus dem Jahr 2012 verrechnen. Das Finanzamt lehnte dies ab.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

    • Für eine Verrechnung von Verlusten einer Tochtergesellschaft mit dem Gewinn einer Muttergesellschaft gibt es keine Vorschriften, die dies erlauben. Die einzige Ausnahme ist eine körperschaftsteuerliche oder gewerbesteuerliche Organschaft.

    • Im Streitfall bestand jedoch keine Organschaft zwischen der Klägerin und der F. Denn zum einen wäre hierfür erforderlich gewesen, dass die F ihre Geschäftsleitung im Inland und nicht in Frankreich hat. Zum anderen hätte es eines Gewinnabführungsvertrags bedurft, der aber in den meisten EU-Staaten wie etwa auch in Frankreich handelsrechtlich nicht zulässig ist.

    • Zwar könnte es in Betracht kommen, die Vorschriften über die Organschaft europarechtskonform zugunsten der Klägerin auszulegen und eine Verlustverrechnung jedenfalls bei Einstellung der Tätigkeit der Tochtergesellschaft zuzulassen. Dies setzt aber zumindest voraus, dass faktisch eine Organschaft gelebt wurde, also die Klägerin die Verluste der F jährlich übernommen hat; eben dies ist jedoch nicht geschehen.

    Hinweise: Die nach deutschem Recht bestehende Möglichkeit, eine Verlustverrechnung durch Begründung einer Organschaft zu ermöglichen, scheitert bei Tochtergesellschaften im Ausland daran, dass dort die Anforderungen des deutschen Gesetzgebers in der Regel nicht erfüllt werden können, etwa der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags. Der BFH verlangt nun zumindest eine „faktische Organschaft“ mit der Folge, dass die deutsche Muttergesellschaft die Verluste der ausländischen Tochtergesellschaft jährlich übernehmen müsste.

    Handelt es sich um einen reinen Inlandsfall mit einer deutschen Muttergesellschaft und einer deutschen Tochtergesellschaft, ist eine Verlustverrechnung nur unter den Voraussetzungen einer Organschaft möglich, für die der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen werden muss.

    Quelle: BFH, Urteil vom 9.8.2023 – I R 26/19; NWB

  • Keine umsatzsteuerliche Durchschnittssatzbesteuerung beim Verkauf von Rennpferden

    Die umsatzsteuerliche Durchschnittssatzbesteuerung für Landwirte gilt nicht beim Verkauf von Turnier- und Rennpferden. Denn Turnier- und Rennpferde sind nicht für die landwirtschaftliche Erzeugung bestimmt und insbesondere kein Vieh, sondern unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 %.

    Hintergrund: Landwirte, deren Umsatz im Vorjahr 600.000 € nicht überschritten hat, können bei der Umsatzsteuer die sog. Durchschnittssatzbesteuerung anwenden. Ihre land- und forstwirtschaftlichen Leistungen unterliegen dann einer Umsatzsteuer von 9 %. Im Gegenzug wird eine pauschale Vorsteuer von 9 % berücksichtigt.

    Sachverhalt: Der Kläger betrieb eine Pferdezucht mit einem Pferdehandel und erzielte einkommensteuerlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Gewerbebetrieb. Er erwarb mehrere junge Reitpferde, bildete sie aus und verkaufte sie weiter. Die Umsatzsteuer aus dem Verkauf unterwarf er der Durchschnittssatzbesteuerung. Das Finanzamt unterwarf die Erlöse hingegen dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 %.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Zwar gilt für Forst- und Landwirte nach deutschem Recht grundsätzlich die Durchschnittssatzbesteuerung. Das deutsche Recht beruht aber auf dem europäischen Mehrwertsteuersystem und ist daher europarechtskonform auszulegen.

    • Erforderlich für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ist daher die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen. Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind Gegenstände, die z. B. von einem landwirtschaftlichen Betrieb im Rahmen der Viehzucht und Viehhaltung erzeugt werden.

    • Die Turnier- und Rennpferde sind nicht für die landwirtschaftliche Erzeugung bestimmt und werden insbesondere nicht für die Zubereitung von Lebens- oder Futtermitteln verwendet. Denn Turnier- und Rennpferde sind kein Vieh.

    Hinweise: Im Übrigen scheiterte die Durchschnittssatzbesteuerung auch daran, dass der Kläger die Ausbildung der Pferde nicht mit Mitteln ausübte, die normalerweise in landwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

    Auf die einkommensteuerliche und bewertungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers kommt es für die Umsatzsteuer nicht an.

    Quelle: BFH, Urteil vom 13.9.2023 – XI R 37/21; NWB

    Wichtiger Hinweis v. : In der ursprüngliche Fassung dieser Meldung war erwähnt, dass der Durchschnittsatz für land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Jahr 2024 von 9 % auf 8,4 % sinken wird. Das ist falsch. Die Absenkung war mit dem sog. Wachstumschancengesetz zunächst geplant, wurde jedoch nicht umgesetzt. Ob die Senkung mit einem anderen Gesetz erfolgen soll, ist zurzeit nicht bekannt.

  • Widerruf der Gestattung der Ist-Versteuerung bei Missbrauchsverdacht

    Ist dem Unternehmer die sog. Ist-Versteuerung gestattet worden, kann das Finanzamt die Gestattung nicht deshalb widerrufen, weil der Unternehmer von seinen Vertragspartnern jahrelang kein Geld erhalten und deshalb keine Umsatzsteuer abgeführt hat, seine Vertragspartner aber die in Rechnung gestellten Umsatzsteuern als Vorsteuer geltend gemacht haben.

    Hintergrund: Auf Antrag kann das Finanzamt einem Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen gestatten, die sog. Ist-Versteuerung anzuwenden, sodass die Umsatzsteuer erst dann vom Unternehmer abzuführen ist, wenn er das Entgelt von seinem Kunden erhält. Bei der Soll-Versteuerung muss er die Umsatzsteuer hingegen bereits dann abführen, wenn er seine Leistung erbracht hat, ohne dass es auf die Bezahlung durch den Kunden ankommt.

    Sachverhalt: Das Finanzamt hatte dem Kläger im Jahr 1987 die sog. Ist-Versteuerung unter dem Vorbehalt des Widerrufs gestattet, sodass er die Umsatzsteuer erst abführen musste, wenn seine Rechnungen bezahlt werden. Der Kläger war als Geschäftsführer für mehrere GmbH unternehmerisch tätig und stellte ihnen seine Geschäftsführerleistungen in Rechnung und wies Umsatzsteuer gesondert aus. Die GmbH überwiesen die Rechnungsbeträge jahrelang nicht, machten aber die Vorsteuer geltend. Das Finanzamt stellte dies bei einer Außenprüfung im Jahr 2015 fest und widerrief die Gestattung der Ist-Versteuerung ab 2016. Das Finanzamt begründete dies mit einer missbräuchlichen Verwendung der Gestattung. Hiergegen klagte der Kläger.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

    • Zwar stand die Gestattung der Ist-Versteuerung unter dem Vorbehalt eines Widerrufs. Der Widerruf darf aber nicht aus sachwidrigen Gründen erfolgen.

    • Im Streitfall war die Begründung des Widerrufs sachwidrig. Denn das Finanzamt ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die GmbH, für die der Geschäftsführer unternehmerisch tätig war, die Vorsteuer aus den Rechnungen des Klägers auch ohne Bezahlung der Rechnung geltend machen konnten.

    • Nach der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erfolgen der Vorsteuerabzug und die Entstehung der Umsatzsteuer zeitgleich. Die GmbH könnten nach dieser Rechtsprechung die Vorsteuer daher erst dann abziehen, wenn sie die Rechnungen bezahlt haben und der Kläger dann auch die Umsatzsteuer abführen muss.

    • Zwar wird in Deutschland der Vorsteuerabzug nicht nur bei der Soll-Versteuerung, sondern auch bei der Ist-Versteuerung zugelassen, wenn die Leistung ausgeführt worden ist und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt; auf die Bezahlung der Rechnung kommt es also nicht an. Nach dem EuGH ist aber ein zeitlicher Gleichklang zwischen Vorsteuerabzug und Entstehung der Umsatzsteuer erforderlich. Der Umstand, dass die GmbH die Vorsteuer schon vor der Zahlung geltend gemacht haben, beruht also nicht auf einem Missbrauch, sondern auf einer unzutreffenden Umsetzung des europäischen Mehrwertsteuerrechts durch den deutschen Staat.

    Hinweise: Bei den GmbHs, für die der Kläger tätig gewesen ist, dürfte es sich um „nahestehende“ Gesellschaften gehandelt haben, da eine jahrelange Nichtzahlung von Rechnungen unter fremden Dritten kaum akzeptiert werden dürfte und da die GmbH die Rechnungsbeträge auf Verrechnungskonten gebucht haben.

    Der BFH hat eine abschließende Entscheidung über den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs aus der Rechnung eines Ist-Versteuerers nicht getroffen, sondern nur über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs entschieden. Dennoch bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber tätig werden wird, um im Fall der Ist-Versteuerung zu verhindern, dass die Vorsteuer deutlich früher geltend gemacht wird, als die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt wird.

    Bei der sog. Soll-Versteuerung gibt es dieses Problem nicht, weil bei ihr ein zeitlicher Gleichklang besteht. Denn die Umsatzsteuer entsteht mit der Ausführung der Leistung, und der Leistungsempfänger kann mit der Ausführung der Leistung auch die Vorsteuer geltend machen, sofern er über eine ordnungsgemäße Rechnung verfügt.

    Quelle: BFH, Urteil vom 12.7.2023 - XI R 5/21; NWB

  • Wechsel eines Landwirts von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung

    Wechselt ein Landwirt von der sog. Durchschnittssatzbesteuerung zur „normalen“ Umsatzbesteuerung (sog. Regelbesteuerung), kann er die Vorsteuer aus einer Eingangsleistung im Jahr vor dem Wechsel nicht abziehen. Dies gilt auch dann, wenn er beabsichtigt, die Eingangsleistung für Umsätze zu verwenden, die er nach dem Wechsel zur Regelbesteuerung ausführen will.

    Hintergrund: Landwirte, deren Umsatz im Vorjahr 600.000 € nicht überschritten hat, können die sog. Durchschnittssatzbesteuerung anwenden. Ihre Leistungen unterliegen dann einer Umsatzsteuer von aktuell 9 %, und im Gegenzug wird eine pauschale Vorsteuer von 9 % berücksichtigt. Ein weiterer Vorsteuerabzug ist nach dem Gesetz ausgeschlossen.

    Sachverhalt: Die Klägerin betrieb eine Landwirtschaft mit Milchkühen und wandte im Jahr 2021 die Durchschnittssatzbesteuerung an. Allerdings lag ihr Umsatz im Jahr 2021 über der Umsatzgrenze von 600.000 €, sodass sie im Jahr 2022 zur Regelbesteuerung wechseln musste. Im Jahr 2021 bezog sie von einem anderen Unternehmen eine Leistung für ihren Milchkuhbetrieb; im Rechnungsbetrag war die Umsatzsteuer in Höhe von ca. 1.400 € gesondert ausgewiesen. Die Klägerin machte die Vorsteuer im Jahr 2021 mit der Begründung geltend, dass sie die Eingangsleistung für regelbesteuerte Umsätze im Jahr 2022 verwenden will. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nicht an und setzte die Umsatzsteuer für 2021 in Höhe von 0 € fest, indem es die Umsätze einer Umsatzsteuer von 10,7 % unterwarf und eine Vorsteuer von 10,7 % pauschal berücksichtigte (aktuell sind dies jeweils 9 %).

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Der Vorsteuerabzug im Jahr 2021 war ausgeschlossen, weil die Klägerin die Durchschnittssatzbesteuerung anwandte. Bei der Durchschnittssatzbesteuerung wird nur eine pauschale Vorsteuer anerkannt; ein darüber hinausgehender Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen.

    • Der Vorsteuerausschluss gilt auch dann, wenn der Landwirt zur Regelbesteuerung wechselt und dieser Wechsel nicht freiwillig, sondern kraft Gesetzes wegen Überschreitung der Umsatzgrenze von 600.000 € erfolgt.

    • Die Klägerin hätte die Vorsteuer nur dann im Jahr 2021 geltend machen können, wenn sie bereits im Jahr 2021 freiwillig zur Regelbesteuerung optiert hätte.

    Hinweis: Die Klägerin hat das Klageverfahren zwar verloren. Sie kann aber ab 2022 die Vorsteuer zu ihren Gunsten berichtigen, weil der Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung vom Gesetzgeber ausdrücklich als Grund für eine Vorsteuerberichtigung angesehen wird. Diese Berichtigung ermöglicht im Ergebnis einen Abzug der Vorsteuer, soweit das im Jahr 2021 angeschaffte Wirtschaftsgut ab 2022 für steuerpflichtige Umsätze, die der Regelbesteuerung unterliegen, verwendet wird.

    Quelle: BFH, Urteil vom 12.7.2023 – XI R 14/22; NWB

    Wichtiger Hinweis v. : In der ursprüngliche Fassung dieser Meldung war erwähnt, dass der Durchschnittsatz für land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Jahr 2024 von 9 % auf 8,4 % sinken wird. Das ist falsch. Die Absenkung war mit dem sog. Wachstumschancengesetz zunächst geplant, wurde jedoch nicht umgesetzt. Ob die Senkung mit einem anderen Gesetz erfolgen soll, ist zurzeit nicht bekannt.

  • Widerspruch gegen eine Gutschrift nach Umwandlung des Gutschriftenausstellers

    Wird über eine Lieferung durch Gutschrift des Leistungsempfängers abgerechnet, muss sich ein späterer Widerspruch des leistenden Unternehmers gegen die Gutschrift im Fall der zwischenzeitlich erfolgten Ausgliederung des Leistungsempfängers auf eine GmbH gegen die übernehmende GmbH richten. Denn die übernehmende GmbH tritt hinsichtlich des auf sie ausgegliederten Vermögens in die Rechtsnachfolge des Leistungsempfängers und Gutschriftenausstellers ein.

    Hintergrund: Über eine Leistung kann entweder durch Rechnung des leistenden Unternehmers oder aber durch Gutschrift des Leistungsempfängers abgerechnet werden. Wird in einer Gutschrift Umsatzsteuer ausgewiesen, kann der Gutschriftaussteller diese Umsatzsteuer grundsätzlich als Vorsteuer geltend machen. Der leistende Unternehmer kann der Gutschrift aber widersprechen; mit dem Widerspruch verliert die Gutschrift ihre Wirkung als Rechnung, sodass mit dem Widerspruch auch der Vorsteuerabzug nicht mehr möglich ist.

    Sachverhalt: Die Klägerin war die X-AG, die im Juli 2010 Gold von den Unternehmern S und H erwarb. Die Klägerin rechnete noch im Juli 2010 gegenüber S und H durch Gutschriften mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ab. Im August 2010 gliederte die Klägerin ihren Bereich „Edelmetalle“ in die X-GmbH aus; die Ausgliederung wurde im August 2010 im Handelsregister eingetragen. Im September und November 2010 widersprachen S und H gegenüber der X-AG der Gutschrift. Die X-AG zog gleichwohl die Vorsteuer aus den Gutschriften ab. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nicht an und begründete dies damit, dass sowohl H als auch S den Gutschriften widersprochen hätten.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte den Vorsteuerabzug der X-AG an und gab der Klage statt:

    • Die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs der Klägerin (X-AG) waren erfüllt, da ihr Gold von den Unternehmern (S und H) geliefert worden ist. Hierüber hat die X-AG mit Gutschriften mit gesondertem Umsatzsteuerausweis abgerechnet; die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer kann die X-AG als Vorsteuer abziehen.

    • Der Widerspruch von S und von H gegen die Gutschriften war nicht wirksam. Denn beide haben ihren Widerspruch gegenüber der Klägerin, der X-AG, erklärt. Stattdessen hätten sie den Widerspruch gegenüber der übernehmenden X-GmbH äußern müssen.

    • Die X-AG hat den Unternehmensbereich „Edelmetalle“ auf die X-GmbH ausgegliedert, sodass es insoweit zu einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge der X-GmbH gekommen ist. Die X-GmbH wurde dadurch Vertragspartnerin von S und H, sodass auch nur die X-GmbH im Fall eines wirksamen Widerspruchs ihr gegenüber entweder eine neue Gutschrift hätte erteilen können oder einen Anspruch gegen S und H auf Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis gerichtlich hätte durchsetzen können.

    • Es kommt nicht darauf an, ob S und H von der Ausgliederung auf die X-GmbH Kenntnis hatten. Denn die Ausgliederung wurde im Handelsregister eingetragen, sodass S und H diese Eintragung aufgrund der sog. Publizitätswirkung des Handelsregisters gegen sich gelten lassen mussten.

    Hinweise: Der Goldverkauf ist zwar nach dem Gesetz umsatzsteuerfrei; allerdings besteht bei einer Goldlieferung unter Unternehmern die Möglichkeit, auf diese Steuerfreiheit zu verzichten. Durch Erteilung von Gutschriften mit gesondertem Umsatzsteuerausweis hat die Klägerin auf die Steuerfreiheit verzichtet. Dieser Verzicht hätte zwar wiederum widerrufen werden können, sodass es bei der Steuerfreiheit geblieben wäre. Hierzu wäre es aber erforderlich gewesen, dass S und H zunächst wirksam, also gegenüber der X-GmbH, der Gutschrift widersprechen und anschließend eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis erteilen.

    Quelle: BFH, Urteil vom 12.7.2023 - XI R 41/20; NWB

  • Aufteilung des Ersatzwirtschaftswerts bei sog. einfacher gewerbesteuerlicher Kürzung

    Für die sog. einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG richtet sich der maßgebliche Ersatzwirtschaftswert allein nach dem Verhältnis der im Eigentum des Unternehmers stehenden Flächen zur Gesamtfläche (eigene und gepachtete Flächen). Der Ersatzwirtschaftswert darf nicht vorher in Wirtschaftsgruppen aufgeteilt werden, so dass dann nur bei der Wirtschaftsgruppe „Grundstücke“ der Anteil der gepachteten Flächen berücksichtigt wird.

    Hintergrund: Bei der Gewerbesteuer wird der Gewinn um 1,2 % des Einheitswerts des betrieblichen Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). In den neuen Bundesländern gibt es im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens keinen Einheitswert; vielmehr werden sog. Ersatzwirtschaftswerte festgestellt.

    Sachverhalt: Bei der Klägerin handelte es sich um eine GmbH, die einen Landwirtschaftsbetrieb in Sachsen unterhielt. Zu den von ihr landwirtschaftlich genutzten Flächen gehörten in erheblichem Umfang auch gepachtete Grundstücke. Die Klägerin berechnete die sog. einfache gewerbesteuerliche Kürzung in der Weise, dass sie den Ersatzwirtschaftswert zunächst in Wirtschaftsgruppen – Wirtschaftsgebäude und Betriebsmittel (zusammen 36 %) sowie Grundstücke (64 %) – aufteilte und als Bemessungsgrundlage für die Kürzung in Höhe von 1,2 % den Anteil des Ersatzwirtschaftswerts zu Grunde legte, der auf die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke sowie auf die Wirtschaftsgebäude und umlaufenden sowie stehenden Betriebsmittel entfiel. Dies führte zu einer Bemessungsgrundlage in den Streitjahren 2014 bis 2018 von ca. 200.000 €. Das Finanzamt stellte hingegen allein auf das Verhältnis der verpachteten zu den im Eigentum der Klägerin stehenden Flächen ab und berücksichtigte nicht den Teil des Ersatzwirtschaftswirtwerts, der der auf die im Eigentum der Klägerin stehenden Wirtschaftsgebäude sowie Betriebsmittel entfiel. Dies führte zu einer Bemessungsgrundlage von ca. 90.000 €.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Nach dem Gesetzeswortlaut bezieht sich die Kürzung des Gewinns auf den eigenen Grundbesitz, der zum Betriebsvermögen gehört. Der Ersatzwirtschaftswert kann daher nur insoweit als Bemessungsgrundlage für die Kürzung herangezogen werden, als er auf den eigenen Grundbesitz der Klägerin entfällt und nicht auf die gepachteten Flächen. Dies war zwischen der Klägerin und dem Finanzamt auch nicht streitig.

    • Die Ermittlung des Eigentumsanteils am Ersatzwirtschaftswert, die streitig war, erfolgt hingegen allein nach dem Verhältnis der eigenen zu den gepachteten Flächen. Denn weder Wirtschaftsgebäude noch Betriebsmittel gehen mit einem gesonderten Wert in die Berechnung des Ersatzwirtschaftswerts ein.

    Hinweise: Dem BFH zufolge kommt eine vorherige Aufteilung nach Wirtschaftsgruppen nicht in Betracht. Diese hätte dazu geführt, dass nur der auf die Grundstücke entfallende Teil in eigene und fremde Flächen aufzuteilen gewesen wäre.

    Die Kürzung des gewerbesteuerlichen Gewinns, wenn Grundstücke zum Betriebsvermögen gehören, erfolgt wegen der insoweit bestehenden Doppelbelastung des Gewerbebetriebs durch Grundsteuer und Gewerbesteuer. Die sog. einfache Kürzung, die 1,2 % des Einheitswerts bzw. Ersatzwirtschaftswerts beträgt, führt zu einer Minderung der Doppelbelastung. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch eine sog. erweiterte Kürzung in Betracht, bei der der gesamte Gewinn, der aus der Verwaltung eigenen Grundbesitzes erzielt wird, gewerbesteuerlich gekürzt wird; hier wird die Doppelbelastung also in vollem Umfang beseitigt.

    Quelle: BFH, Urteil vom 12.10.2023 – III R 34/21; NWB

  • Tarifermäßigung für Umsatzsteuer-Erstattungszinsen

    Einem Unternehmer, der nach einem Rechtsstreit mit dem Finanzamt eine Umsatzsteuererstattung für mehrere Jahre sowie Erstattungszinsen für diese Umsatzsteuererstattung erhält, ist sowohl für die Umsatzsteuererstattung als auch für die Erstattungszinsen eine sog. Tarifermäßigung, die zu einem niedrigeren Steuersatz führt, zu gewähren.

    Hintergrund: Der Gesetzgeber gewährt für außerordentliche Einkünfte eine sog. Tarifermäßigung. Mit steigendem Einkommen steigt auch der Steuersatz (sog. Progression); diese Progressionswirkung wird aufgrund der Tarifermäßigung abgemildert. Eine der gesetzlich geregelten Fallgruppen der außerordentlichen Einkünfte sind Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten.

    Sachverhalt: Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung für 1997 bis 2000 kam es zunächst zu hohen Umsatzsteuernachzahlungen. Er klagte gegen die Änderungsbescheide, und es kam nach mehreren Jahren im Jahr 2012 zu einer Einigung mit dem Finanzamt. Diese Einigung führte zu einer Minderung der Umsatzsteuer für 1997 bis 2000 um insgesamt ca. 320.000 € sowie zur Festsetzung von Umsatzsteuer-Erstattungszinsen in Höhe von ca. 200.000 €. Der Kläger erfasste sowohl die Umsatzsteuererstattung als auch die Erstattungszinsen in seinem Jahresabschluss zum 31.12.2012 gewinnerhöhend und beantragte die Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte. Das Finanzamt gewährte die Tarifermäßigung zwar für die Umsatzsteuererstattung, nicht aber für die Erstattungszinsen.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Tarifermäßigung für die Erstattungszinsen an und gab der Klage statt:

    • Bei den Erstattungszinsen handelte es sich um außerordentliche Einkünfte, nämlich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit. Die Tätigkeit war in der mehrjährigen Kapitalüberlassung an das Finanzamt zu sehen, da der Kläger zu viel Umsatzsteuer an das Finanzamt überwiesen hatte.

    • Die Tätigkeit war auch mehrjährig, weil sich die Kapitalüberlassung über mindestens zwei Veranlagungszeiträume und über einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten erstreckte.

    • Ferner war auch die Außerordentlichkeit der Einkünfte zu bejahen, weil die Einkünfte zusammengeballt im Jahr 2012 entstanden sind. Die Erstattungszinsen und die Umsatzsteuererstattung für 1997 bis 2000 waren zum 31.12.2012 gewinnerhöhend zu aktivieren und erhöhten die Progressionswirkung, d. h. den Steuersatz. Die Außerordentlichkeit zeigt sich daran, dass die Zinsen i. H. von ca. 200.000 € etwa 63 % der Umsatzsteuererstattung i. H. von ca. 320.000 € ausmachten. Zusammen machten die Umsatzsteuererstattung sowie die Erstattungszinsen fast 39 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Klägers (ca. 525.000 €) aus.

    Hinweise: Die Tarifermäßigung für die Umsatzsteuererstattung war nicht streitig, weil sie vom Finanzamt anerkannt worden war. Der BFH macht nun deutlich, dass für die Erstattungszinsen zu einer Umsatzsteuererstattung, die einen mehrjährigen Zeitraum betrifft, nichts anderes gelten kann als für die Umsatzsteuererstattung selbst: Für beide Beträge wird eine Tarifermäßigung gewährt, wenn sie jeweils mehrjährige Zeiträume (1997 bis 2000) betreffen. Handelt es sich hingegen um eine Umsatzsteuererstattung für nur ein einziges Jahr und dementsprechend auch nur um Erstattungszinsen für ein Jahr, fehlt es an der Außerordentlichkeit der Einkünfte, so dass keine Tarifermäßigung gewährt wird.

    Der BFH weicht in seinem aktuellen Urteil von dem Urteil eines anderen BFH-Senats aus dem Jahr 2013 ab, der die Tarifermäßigung versagt hatte. Der andere Senat hat vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung aber mitgeteilt, dass er an seiner Entscheidung aus dem Jahr 2013 nicht mehr festhält.

    Quelle: BFH, Urteil vom 30.8.2023 – X R 2/22; NWB

  • Organschaft bei unterjähriger Verschmelzung

    Wird bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft der Organträger im Laufe des Wirtschaftsjahrs auf eine Personen- oder Kapitalgesellschaft verschmolzen, tritt die übernehmende Personen- oder Kapitalgesellschaft aufgrund der Verschmelzung in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers ein, so dass die bislang bestehende finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger ganzjährig besteht und die Organschaft steuerlich anzuerkennen ist.

    Hintergrund: Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zwischen einem Organträger und einer Organgesellschaft wird das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet und von diesem versteuert. Eine Organschaft setzt u.a. einen Ergebnisabführungsvertrag sowie eine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger ununterbrochen vom Beginn des Wirtschaftsjahrs voraus; der Organträger muss also bei einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, vom 1.1. an die Stimmrechtsmehrheit bei der Organgesellschaft haben.

    Sachverhalt: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über drei Fälle entscheiden, in denen am 1.1. des Wirtschaftsjahrs eine Organschaft bestand und im Laufe des Jahres der Organträger (OT 1) auf eine Kapitalgesellschaft oder auf eine Personengesellschaft (OT 2) verschmolzen wurde. Die jeweilige Verschmelzung erfolgte zwar mit einer sog. Rückwirkung, aber nicht auf den 1.1., sondern auf einen späteren Stichtag, z.B. den 1.4. Die jeweilige Organgesellschaft rechnete ihr Einkommen dem jeweiligen Organträger (OT 1 bzw. OT 2) am 31.12. zu. Das Finanzamt verneinte eine Organschaft, weil die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft zur übernehmenden OT 2 nicht von Beginn des Wirtschaftsjahrs an bestanden habe, sondern erst ab dem 1.4.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab den hiergegen gerichteten Klagen im Grundsatz statt:

    • Die für eine Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger war in den Streitfällen zu bejahen. Denn es bestand durchgängig von Beginn des Wirtschaftsjahrs an eine Mehrheitsbeteiligung eines Organträgers an der Organgesellschaft.

    • Zwar war die Organgesellschaft nur vom 1.4. bis zum 31.12. in den OT 2 finanziell eingegliedert und nicht bereits vom 1.1. an. Jedoch wird dem OT 2 die vom 1.1. bis 31.3. bestehende finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den OT 1 zugerechnet. Denn aufgrund der Verschmelzung ist der OT 2 Rechtsnachfolger des OT 1 geworden, so dass ihm die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den OT 1 zugerechnet wird.

    • Unbeachtlich ist somit, dass die Verschmelzung des OT 1 auf den OT 2 rückwirkend nur auf den 1.4. und nicht auf den 1.1. erfolgt ist.

    Hinweise: Der BFH widerspricht der Finanzverwaltung, die erst ab dem rückwirkenden Übertragungsstichtag (im o. g. Fall der 1.4.) eine finanzielle Eingliederung bejaht, so dass eine Organschaft nur dann anzunehmen ist, wenn die Umwandlung bzw. Verschmelzung rückwirkend zum 1.1. erfolgt.

    Quelle: BFH, Urteile vom 11.7.2023 – I R 21/20 (unterjährige Verschmelzung auf Personengesellschaft), I R 36/20 und I R 45/20 (jeweils unterjährige Verschmelzung auf Kapitalgesellschaft); NWB

  • Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Standmieten eines Imbissbetriebs

    Zahlt ein Imbissbetreiber Mieten für Standflächen auf Märkten und Festivals, auf denen er seine Imbissstände für die Dauer des Markts bzw. Festivals aufbaut, ist die Miete gewerblich dem Gewinn hinzuzurechnen. Die Standflächen gehören nämlich zum sog. fiktiven Anlagevermögen, und die Mieten sind auch nicht als Herstellungskosten zu aktivieren.

    Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden bestimmte Aufwendungen dem Gewinn wieder hinzugerechnet. So wird z. B. die Hälfte der Grundstücksmiete dem Gewinn hinzugerechnet, wenn das Grundstück zum Anlagevermögen und nicht zum Umlaufvermögen gehören würde, wenn es im Eigentum des Unternehmers stünde (sog. fiktives Anlagevermögen). Allerdings wird seit 2020 ein Freibetrag von 200.000 € gewährt (bis einschließlich 2019: 100.000 €).

    Sachverhalt: Die Klägerin betrieb eine Vielzahl von Imbissständen, die sie auf Märkten und Festivals aufstellte. Hierfür zahlte sie in den Streitjahren 2014 und 2015 Standmieten in Höhe von insgesamt ca. 320.000 € und ca. 370.000 €. Das Finanzamt rechnete die Mietaufwendungen dem Gewinn hinzu.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Es handelte sich um Mietaufwendungen, da die Verträge über die Standflächen als Mietverträge zu qualifizieren waren.

    • Die angemieteten Standflächen gehörten zum sog. fiktiven Anlagevermögen und nicht zum Umlaufvermögen. Denn nach dem konkreten Geschäftsgegenstand und nach den speziellen betrieblichen Verhältnissen der Klägerin dienten die Standflächen dazu, die Imbissstände aufzustellen und in diesen die Speisen zuzubereiten und zu verkaufen. Ohne die ständige Verfügbarkeit der Standflächen hätte die Klägerin ihre Imbisse nicht verkaufen können.

    • Gegen die Zugehörigkeit zum fiktiven Anlagevermögen sprach nicht die jeweils nur kurze Mietdauer; denn die wiederholte kurzfristige Anmietung war ein Ersatz für eine langfristige Anmietung.

    • Die Mieten waren keine Herstellungskosten und daher nicht zu aktivieren, so dass sie infolge der Aktivierung ihren Aufwandscharakter verloren hätten. Denn zu den Herstellungskosten gehören nach dem Gesetz nicht die Vertriebskosten. Die Mietaufwendungen waren aber ein Teil der Vertriebskosten, nämlich Vertriebsgemeinkosten. Die Imbissstände auf den angemieteten Standflächen wurden dazu genutzt, Kunden anzusprechen, die Imbisse zu präsentieren und zu verkaufen.

    Hinweis: Hätte es sich bei den Mietaufwendungen um Fertigungsgemeinkosten gehandelt, wären die Aufwendungen als Herstellungskosten zu aktivieren gewesen und hätten nicht mehr als Mietaufwendungen dem Gewinn hinzugerechnet werden können. Zu den Fertigungsgemeinkosten zählen allerdings nur solche Aufwendungen, die mit der technischen Herstellung des Produkts zusammenhängen.

    Quelle: BFH, Urteil vom 12.10.2023 – III R 39/21; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Dezember 2023)

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Dezember 2023 bekannt gegeben.

    Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2023 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.

    Quelle: BMF, Schreiben v. 2.1.2024 - III C 3 - S 7329/19/10001 :005 (2023/1229449); NWB