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Auszeichnung: VOTUM zum 5. Mal zu “Deutschlands beste Wirtschaftsprüfer” ausgezeichnet

Die VOTUM AG, Frankfurt am Main, wurde zum fünften Mal in Folge vom Hamburger Wirtschafts-Fachblatt “manager magazin” mit einem hervorragenden Prädikat ausgezeichnet:
Erneut sind wir in den Kreis der “Besten Wirtschaftsprüfer Deutschlands 2024/2025 Mittelstand” gewählt worden. Nähere Informationen finden Sie hier.

 

Auszeichnung von DATEV zur Digitalen Kanzlei 2023

Unsere Kanzlei wurde 2023 als Kanzlei mit hoher digitaler Kompetenz ausgezeichnet. Wir sind stolz, mit unserem Team das DATEV-Siegel als eine von wenigen Kanzleien in Deutschland verliehen bekommen zu haben. Mit der DATEV-Auszeichnung wird bestätigt, dass wir den digitalen Standard der Steuerberatungsbranche erfüllen. Die reibungslose Zusammenarbeit mit unseren Mandanten ist uns wichtig. Darum investieren wir kontinuierlich in die Digitalisierung unserer Kanzlei.

 

Doing business in Germany 2023

Die Publikation Doing Business in Germany 2023 gibt einen Überblick über Aspekte, die zu beachten sind, wenn eine Investition in Deutschland in Erwägung gezogen wird.
Obwohl alle relevanten Bereiche abgedeckt sind, kann sie nicht vollumfassend sein. Wir betonen, dass diese Broschüre nicht dazu gedacht ist, die umfassenden und detaillierten Informationen zu liefern, die für Investitionsentscheidungen erforderlich sind.
Stand: September 2023
Autor: Alexander Leoff, Vorstand der VOTUM AG und Hauptansprechpartner von MGI Worldwide

 

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet zur sofortigen Einrichtung interner Meldestellen

Personen, welche auf Regelverstöße und Missstände hinweisen (sog. Whistleblower), sind ab sofort gesetzlich geschützt. Betroffene Unternehmen, Kommunen und öffentli-che Stellen müssen sehr kurzfristig interne Meldestellen einrichten, welche die Vertrau-lichkeit der Identität hinweisgebender und betroffener Personen gewährleisten und hinweisgebenden Personen Rückmeldungen geben.

Mit dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) hat Deutschland nun die EU Whistleblo-wing Richtlinie umgesetzt. Deren Ziel ist die Schaffung eines einheitlichen Schutzes in Europa für Personen, die im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses auf Missstände in Unterneh-men und staatlichen Stellen aufmerksam machen. Gefördert werden hiermit die Compliance-Kultur sowie ethische, nachhaltige und soziale Standards in der Unternehmensführung (sog. ESG Standards).

Die Einrichtung der internen Meldestelle ist für alle Unternehmen und staatlichen Stellen zügig und zu geringen Kosten möglich. Zu beachten sind dabei die gesetzlichen Anforderungen an die Vertraulichkeit und die Verfahren zur Bearbeitung von Hinweisen und Rückmeldung an hin-weisgebende Personen innerhalb der gesetzlichen Fristen. Interne Meldestellen sollten digital und mit hohem Vertrauensschutz ausgestaltet sein, damit hinweisgebende Personen nicht an externe Meldestellen außerhalb des Unternehmens melden.
Weitere wichtige Informationen finden Sie hier.

 

Der Mehrwert

Wir unterstützen Sie aktiv bei der Lösung Ihrer täglichen unternehmerischen Aufgaben. In unserem Info-Portal finden Sie aktuelle Themen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht sowie wichtige Sonderthemen.

  • Abziehbarkeit von Beiträgen zu einer freiwilligen Pflegezusatzversicherung

    Der Sonderausgabenabzug von Beiträgen für eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung, die der (teilweisen) Absicherung von nicht durch die Pflege-Pflichtversicherung gedeckten Kosten wegen dauernder Pflegebedürftigkeit dient, ist verfassungsrechtlich nicht geboten, da der Gesetzgeber sich bewusst für ein Teilleistungssystem entschieden hat.

    Hintergrund: Nach der ab 2010 geltenden Rechtslage sind Beiträge zur Basis-Krankenversicherung, die zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich ist, und zur gesetzlichen Pflegeversicherung in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar.

    Demgegenüber werden Aufwendungen für einen darüberhinausgehenden Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz und sonstige Vorsorgeaufwendungen mit Ausnahme von Altersvorsorgebeiträgen (also z.B. Arbeitslosen-, Unfall-, Erwerbsunfähigkeits-, Haftpflicht- und Risikoversicherungen) nur im Rahmen eines gemeinsamen Höchstbetrags steuerlich berücksichtigt, der allerdings regelmäßig bereits durch die Beiträge zur Basisabsicherung ausgeschöpft wird.

    Sachverhalt: Die Kläger hatten jeweils eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen, mithilfe derer sie die finanziellen Lücken schließen wollten, die sich im Falle dauernder Pflegebedürftigkeit vor allem bei höheren Pflegegraden aufgrund der den tatsächlichen Bedarf nicht abdeckenden Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ergäben. Die hierfür aufgewendeten Beiträge blieben im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung aufgrund der anderweitigen Ausschöpfung des Höchstbetrags ohne steuerliche Auswirkung. Hiergegen wandten sich die Kläger mit Ihrer Klage und machten im Kern Folgendes geltend: So, wie der Sozialhilfeträger die Heimpflegekosten des Sozialhilfeempfängers übernehme, müssten auch die Beiträge für ihre Zusatzversicherungen, die lediglich das sozialhilfegleiche Versorgungsniveau im Bereich der Pflege gewährleisteten, zur Wahrung der Steuerfreiheit des Existenzminimums einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dieser Argumentation nicht. Das Gericht hält die gesetzliche Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für verfassungsgemäß und hat von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgesehen.

    • Der Gesetzgeber hat die gesetzlichen Pflegeversicherungen bewusst und in verfassungsrechtlich zulässiger Weise lediglich als Teilabsicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit ausgestaltet. Hierbei sind nicht durch die gesetzliche Pflegeversicherung abgedeckte Kosten in erster Linie durch Eigenanteile der pflegebedürftigen Personen aus ihren Einkommen oder ihrem Vermögen aufzubringen.

    • Dementsprechend besteht für den Gesetzgeber keine verfassungsrechtliche Pflicht, auch die über das Teilleistungssystem hinausgehenden Leistungen steuerlich zu fördern und insoweit mitzufinanzieren.

    • Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums erfordert lediglich, dass der Staat diejenigen Beiträge für Pflegeversicherungen steuerlich freistellen muss, die der Gesetzgeber als verpflichtende Vorsorge ansieht und die nicht über das sozialhilferechtliche Niveau hinausgehen. Dies ist bei einer freiwilligen privaten Pflegezusatzversicherung nicht der Fall.

    Quelle: BFH, Urteil vom 24.7.2025 - X R 10/20; NWB

  • Anerkennung von Verlusten aus der Vermietung einer Ferienwohnung

    Eine Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung einer Ferienwohnung kann angenommen werden, wenn die Ferienwohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet bzw. für die Vermietung an Feriengäste bereitgehalten wird und wenn die Vermietungszeit für die Ferienwohnung die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen nicht erheblich unterschreitet. Eine Unterschreitung von weniger als 25 % ist nicht erheblich. Bei der Überprüfung der 25 %-Grenze ist auf einen zusammenhängenden Zeitraum von drei bis fünf Jahren abzustellen.

    Hintergrund: Die steuerliche Anerkennung von Verlusten setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine Einkünfteerzielungsabsicht hat, d.h. über die voraussichtliche Dauer seiner Tätigkeit einen Gesamtgewinn bzw. Gesamtüberschuss erzielen will.

    Sachverhalt: Die Klägerin vermietete seit 2008 eine Ferienwohnung. Nachdem sie die Wohnung im Zeitraum 2012 bis 2015 dauerhaft vermietet und die Wohnung im Jahr 2016 renoviert hatte, vermietete sie die Wohnung wieder an wechselnde Feriengäste und erzielte jährliche Verluste. Im Jahr 2017 vermietete sie die Wohnung an 72 Tagen und im Jahr 2018 an 44 Tagen. Die üblichen Vermietungszeiten an dem Ferienort beliefen sich für 2017 auf 108 Tage und für 2018 auf 87 Tage. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachte Vermietungsverluste wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht an.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine Einkünfteerzielungsabsicht für denkbar und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

    • Bei der Vermietung einer Ferienwohnung ist eine Einkünfteerzielungsabsicht anzunehmen, wenn die Ferienwohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet bzw. für die Vermietung an Feriengäste bereitgehalten wird und wenn die Vermietungszeit für die Ferienwohnung die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen nicht erheblich (das heißt um mindestens 25 %) unterschreitet; es müssen also mehr als 75 % der ortsüblichen Vermietungstage erreicht werden. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BFH.

    • Bei der Prüfung der Ortsüblichkeit kommt es nicht zwingend auf die Gemeinde an. Der „Ort“ kann, je nach Struktur des lokalen Ferienwohnungsmarkts - das Gebiet einer oder mehrerer (vergleichbarer) Gemeinden oder aber auch lediglich Teile einer Gemeinde oder gar nur den Bereich eines Ferienkomplexes umfassen.

    • Außerdem ist auf die durchschnittliche Auslastung der Ferienwohnung über einen längeren Zeitraum von drei bis fünf Jahren abzustellen, damit temporäre Schwankungen unberücksichtigt bleiben. Der Zeitraum von drei bis fünf Jahren kann mit dem Streitjahr beginnen oder mit dem Streitjahr enden oder auch das Streitjahr umfassen, d.h. vorher beginnen und nach dem Streitjahr enden. Die Darlegungslast liegt beim Steuerpflichtigen, der den Zeitraum anzugeben und die entsprechenden Auslastungswerte darzustellen und nachzuweisen hat.

    • Im Streitfall hatte das FG jedes Streitjahr isoliert betrachtet, anstatt auf einen längeren Zeitraum von drei bis fünf Jahren abzustellen. Das FG hat nunmehr die Auslastung der Ferienwohnung über einen zusammenhängenden Zeitraum von drei bis fünf Jahren zu prüfen.

    Hinweise: Das FG muss ferner prüfen, ob die Ferienwohnung nach 2018, dem letzten Streitjahr, verkauft worden ist und ob der Verkauf bereits nach der Renovierung im Jahr 2016 beabsichtigt war. Falls dies der Fall ist, wäre eine Prognose über den voraussichtlichen Überschuss bzw. Verlust nur für die tatsächliche Vermietungsdauer (von 2016 bis zum Verkaufszeitpunkt) aufzustellen.

    Wird die ortsübliche Vermietungsdauer von mindestens 25 % unterschritten oder lassen sich die ortsüblichen Vermietungszeiten nicht feststellen oder wird die Ferienwohnung auch eigengenutzt, muss die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose geprüft werden. Hier wird üblicherweise ein Zeitraum von 30 Jahren angesetzt, es sei denn, der Steuerpflichtige hatte vor, die Wohnung vorher zu verkaufen (siehe vorherigen Absatz); dann verkürzt sich der Prognosezeitraum bis zum Zeitpunkt des voraussichtlichen Verkaufs.

    Wird bei einer ausschließlich an Feriengäste vermieteten bzw. für diese bereit gehaltenen Ferienwohnung eine Vermietungsdauer von mehr als 75 % der ortsüblichen Vermietungsdauer erreicht, wird der Vermieter wie der Vermieter einer „normalen“ Wohnung behandelt, der die Wohnung dauerhaft vermietet und bei dem eine Einkünfteerzielungsabsicht unterstellt wird.

    Quelle: BFH, Urteil vom 12.8.2025 - IX R 23/24; NWB

  • Umsatzsteuerfreiheit eines selbständig tätigen Fahrlehrers im Bildungsbereich

    Ein selbständig tätiger Fahrschullehrer, der an einer staatlich anerkannten berufsbildenden Schule Fahrschulunterricht gibt, erbringt umsatzsteuerfreie Leistungen. Die Umsatzsteuerfreiheit setzt nicht voraus, dass der Fahrschullehrer Verträge mit den Fahrschülern abgeschlossen hat; es genügt ein Vertrag zwischen dem Fahrschullehrer und der berufsbildenden Schule.

    Hintergrund: Nach dem Gesetz sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen eines selbständigen Lehrers u.a. dann umsatzsteuerfrei, wenn dieser an einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung unterrichtet und die Einrichtung über eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde verfügt, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet, die vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (z.B. der Industrie- und Handelskammer) abzulegen ist.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine selbständig tätige Fahrlehrerin. Sie schloss mit der Weiterbildungseinrichtung G einen Vertrag und verpflichtete sich zur Durchführung von Fahrstunden für die Auszubildenden der G zwecks Erwerbs der Führerscheinklasse B (Pkw), der Voraussetzung für den Erwerb des Lkw- und Busführerscheins war. An der G wurden Erwachsene ausgebildet, um eine Fahrerlaubnis für die Führerscheinklassen C und D (Lkw- und Busführerschein) zu erwerben. Die entsprechenden Lehrgänge wurden von der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Die G verfügte über eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, dass sie auf einen Beruf bzw. auf eine Prüfung vor der IHK vorbereitet. Einen Vertrag zwischen der Klägerin und den Auszubildenden gab es nicht. Das Finanzamt versagte die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze der Klägerin für die Jahre 2010 bis 2012 mit der Begründung, die Klägerin habe keinen Vertrag mit den Auszubildenden geschlossen.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte die Umsatzsteuerfreiheit und gab der Klage statt:

    • Die gesetzlichen Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit für Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer waren erfüllt. Die Klägerin erbrachte eine unmittelbar dem Bildungszweck dienende Unterrichtsleistung an einer berufsbildenden Einrichtung, die über die erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde verfügte.

    • Die Klägerin hatte mit der G einen Vertrag abgeschlossen. Außerdem unterrichtete die Klägerin die Auszubildenden persönlich. Die Unterrichtsleistung der Klägerin diente unmittelbar dem Bildungszweck, da die Unterrichtsleistung allein oder zusammen mit den Leistungen anderer Einrichtungen die Ausbildung ermöglichte, förderte, ergänzte oder erleichterte.

    • Die Unmittelbarkeit setzt nicht voraus, dass die Klägerin mit den Fahrschülern einen Vertrag geschlossen hat. Es genügt, dass ein Vertrag zwischen der Klägerin und der G zustande gekommen ist.

    Hinweise: Zwar hat die Klägerin nur für die Führerscheinklasse B (Pkw) Fahrstunden gegeben. Dennoch bejahte der BFH den berufsbildenden Charakter ihres Fahrunterrichts; denn der Pkw-Führerschein war für den Erwerb des Lkw- und Busführerschein notwendig. Und es konnten nur Fahrschüler den Fahrschulunterricht der Klägerin erhalten, die an einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnahmen.

    Quelle: BFH, Urteil vom 15.5.2025 – V R 23/24; NWB

  • Antrag auf Günstigerprüfung hindert den Verjährungseintritt nicht

    Beantragt der Steuerpflichtige eine sog. Günstigerprüfung bei den Kapitaleinkünften, damit abweichend vom Abgeltungsteuersatz von 25 % der niedrigere individuelle Steuersatz angesetzt wird, führt dieser Antrag nicht zu einer Anlaufhemmung beim Beginn der Verjährungsfrist.

    Hintergrund: Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre. Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Ist der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wird, spätestens nach drei Jahren (sog. Anlaufhemmung). Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht z.B. für Steuerpflichtige, die neben ihrem Arbeitseinkommen bzw. Versorgungsbezügen noch positive Einkünfte in Höhe von mehr als 410 € erzielt haben, die noch nicht versteuert worden sind.

    Kapitaleinkünfte unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Der Steuerpflichtige kann aber beantragen, dass eine sog. Günstigerprüfung durchgeführt und sein individueller Steuersatz angewendet wird, wenn dieser niedriger ist.

    Sachverhalt: Die Kläger waren Erben ihrer im März 2018 verstorbenen Mutter. Sie reichten für ihre verstorbene Mutter Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2014 und 2015 am 30.12.2020 ein. In beiden Einkommensteuererklärungen erklärten sie Versorgungsbezüge, von denen bereits Lohnsteuer einbehalten worden war. Außerdem gaben sie für 2014 inländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 4.500 € an, von denen Abgeltungsteuer einbehalten worden war. Für 2015 erklärten sie zum einen inländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 1.500 €, von denen Abgeltungsteuer einbehalten worden war, und zum anderen ausländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 2.600 €, von denen bislang keine Steuer einbehalten worden war. Für beide Jahre beantragten sie die sog. Günstigerprüfung für sämtliche Kapitaleinnahmen. Das Finanzamt lehnte die Durchführung von Einkommensteuerveranlagungen wegen Verjährungseintritts ab.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage bezüglich der Einkommensteuer 2015 statt und wies die Klage hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 ab:

    • Für 2014 war bereits Verjährung eingetreten. Die vierjährige Verjährungsfrist begann mit Ablauf des 31.12.2014 und endete daher mit Ablauf des 31.12.2018.

    • Eine Anlaufhemmung von drei Jahren war nicht eingetreten, da keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung bestand. Denn die Mutter hatte neben ihren bereits versteuerten Versorgungsbezügen und Kapitaleinnahmen nicht mehr als 410 € Einkünfte erzielt. Die Kapitaleinnahmen waren bei der Prüfung der Grenze von 410 € nicht einzubeziehen, da sie bereits der Abgeltungsteuer unterlegen hatten. Von den Versorgungsbezügen war bereits Lohnsteuer einbehalten worden. Es gab somit keine weiteren Einkünfte, die noch nicht besteuert waren.

    • Der Antrag auf Günstigerprüfung für 2014 begründete keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung und löste daher keine Anlaufhemmung von bis zu drei Jahren aus. Der Antrag auf Günstigerprüfung für 2014 stellte auch kein rückwirkendes Ereignis dar, das zu einer erneuten vierjährigen Festsetzungsverjährung geführt hätte.

    • Für 2015 hat die Klage jedoch Erfolg, da die Mutter noch ausländische Kapitaleinnahmen von ca. 2.600 € erzielt hatte, die noch nicht versteuert worden waren. Damit war die Grenze von 410 € überschritten, und es bestand eine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung, so dass es zu einer Anlaufhemmung im Umfang von drei Jahren kam. Damit begann die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des 31.12.2018 und endete mit Ablauf des 31.12.2022. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung im Jahr 2020 war folglich rechtzeitig erfolgt.

    Hinweise: Ausnahmsweise kann der Antrag auf Günstigerprüfung im Zusammenhang mit einem rückwirkenden Ereignis stehen, so dass dann eine erneute Verjährungsfrist von vier Jahren ausgelöst wird. Dies ist der Fall, wenn es bereits einen Einkommensteuerbescheid mit hohen Einkünften gibt, so dass ein Antrag auf Günstigerprüfung nicht sinnvoll ist, weil der individuelle Steuersatz höher ist als 25 %. Dann wird der Einkommensteuerbescheid jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert und das Einkommen so deutlich herabgesetzt, dass nunmehr ein Antrag auf Günstigerprüfung in Betracht kommt. Der BFH sieht in der niedrigeren Steuerfestsetzung im Änderungsbescheid ein rückwirkendes Ereignis. Im aktuellen Streitfall lagen jedoch die Voraussetzungen für einen Antrag auf Günstigerprüfung von Anfang an vor.

    Quelle: BFH, Urteil vom 14.5.2025 – VI R 17/23; NWB

  • Vorsicht Falle: Gefälschte E-Mails im Namen des Bundeszentralamts für Steuern im Umlauf (FinMin)

    Aktuell werden erneut Betrugsversuche gemeldet, mit denen Betrüger unter Hinweis auf die Steuerverwaltung an persönliche Informationen und Geld von Bürgern gelangen wollen. Hierauf macht das Ministerium der Finanzen und für Wissenschaft Saarland (FinMin) aufmerksam.

    Hierzu führt das FinMin weiter aus:

    • Die E-Mails weisen als Absender fälschlicherweise das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) aus und tragen Überschriften wie beispielsweise: "Hinweis zur verspäteten Abgabe der Einkommensteuer 2023" oder ähnliches. Bürger werden hierin zur Zahlung eines Verspätungszuschlags aufgefordert.

    • Die gefälschten E-Mails werden von verschiedenen Absenderadressen, beispielsweise "news@bzst-infos.de“ oder "info@bzst-zahlungsfrist.com" versendet und enthalten häufig ein PDF-Dokument, das einen Bescheid des BZSt darstellen soll. In der E-Mail werden die Empfänger dazu aufgefordert, auf einen Link zu klicken oder eine Zahlung zu leisten, um angebliche Strafen für eine verspätete Abgabe der Steuererklärung zu begleichen.

    Die Anschreiben, die oft im PDF-Format der E-Mail angehängt sind, wirken auf den ersten Blick wie offizielle Schreiben.

    Anhand folgender Hinweise kann ein Schreiben mit betrügerischer Absicht erkannt werden:

    • Die Absenderadresse suggerieren eine offizielle E-Mail-Adresse des BZSt: poststelle@bzst.de-mail.de oder mail@bzst.bund.de.

    • Es wird kein Ansprechpartner angegeben.

    • Es wird lediglich eine Handynummer als Durchwahl angegeben.

    • Die Überweisung soll auf ein Konto außerhalb Deutschlands erfolgen (oftmals mit einer spanischen oder irischen IBAN).

    Hinweise:

    Sollten Sie solch eine E-Mail erhalten, empfehlt das FinMin Saarland, das beigefügte Dokument nicht zu öffnen und die E-Mail unverzüglich zu löschen. Die Steuerverwaltungen werden in einer E-Mail niemals Informationen, wie die Steuernummer, Kontoverbindungen, Kreditkartennummern, PIN oder die Antwort auf Ihre Sicherheitsabfrage, anfordern.

    Weitergehende Informationen zu den einzelnen Schreiben hat das BZSt auf seiner Homepage zusammengestellt.

    Quelle: Saarländisches Finanzministerium, Pressemitteilung v. 25.11.2025, NWB

  • Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei nicht angekommener E-Mail

    Erreicht eine E-Mail, mit der Einspruch eingelegt wird, nicht das Finanzamt, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden. Hierzu muss der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass er die E-Mail fristgerecht an das Finanzamt abgesandt hat. Es ist nicht erforderlich, dass er die E-Mail mit einer Empfangs- oder Lesebestätigung versehen hat.

    Hintergrund: Wird eine Frist wie z.B. die Einspruchsfrist versäumt, kann der Steuerpflichtige innerhalb eines Monats Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und geltend machen, dass er die Frist ohne Verschulden versäumt hat. Ein typischer Fall hierfür ist etwa eine plötzliche und schwere Erkrankung vor dem Fristablauf oder der Verlust des Briefs, der den Einspruch enthält, auf dem Postwege.

    Sachverhalt: Das Finanzamt lehnte am 23.8.2018 einen Antrag des Klägers auf Änderung von Einkommensteuerbescheiden ab. Der Kläger wurde dabei von einem Steuerberater vertreten. Der Steuerberater erfuhr am 29.5.2019, dass sein Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid, den er am 30.8.2018 per E-Mail an das Finanzamt übermittelt hatte, dort nicht angekommen war. Er beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Als Nachweis legte er die E-Mail mit dem Einspruch, einen Absendungsnachweis vom 30.8.2018, 14.54 Uhr, und eine Kopie der E-Mail, die bei seinem Mitarbeiter eingegangen war, den er in „cc“ gesetzt hatte, vor; bei dem Mitarbeiter war die E-Mail jedoch erst um 15.54 Uhr eingegangen. Das Finanzamt lehnte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und verwarf den Einspruch als unzulässig.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Der Kläger hat die Einspruchsfrist nicht gewahrt, da die E-Mail, mit der sein Steuerberater Einspruch einlegen wollte, tatsächlich nicht beim Finanzamt eingegangen ist. Dadurch wurde die einmonatige Einspruchsfrist versäumt. Einen Nachweis, dass die E-Mail tatsächlich beim Finanzamt eingegangen ist, konnte der Kläger bzw. sein Steuerberater nicht führen.

    • Dem Kläger war aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, denn die Einspruchsfrist ist ohne Verschulden versäumt worden. Der Kläger bzw. sein Steuerberater hat alles getan, um die Einspruchsfrist zu wahren. Der Steuerberater hat nachgewiesen, dass er eine E-Mail mit dem Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist an das Finanzamt abgesandt hat; hierzu hat er eine Kopie seiner E-Mail mit dem Absendenachweis sowie den Eingang seiner E-Mail bei dem in „cc“ gesetzten Mitarbeiter vorgelegt. Dass der Mitarbeiter die E-Mail erst um 15.54 Uhr und nicht bereits um 14.54 Uhr erhalten hat, spricht nicht dagegen, dass der Steuerberater die E-Mail mit dem Einspruch rechtzeitig an das Finanzamt abgesendet hat.

    • Ein Verschulden des Klägers bzw. seines Steuerberaters ergibt sich nicht daraus, dass er die E-Mail an das Finanzamt ohne Empfangs- oder Lesebestätigung abgesandt hat. Das Gesetz enthält für das Einspruchsverfahren keine entsprechende Vorgabe, dass der Einspruchsführer sich den Erhalt des Einspruchs bestätigen lassen muss.

    Hinweise: Das Verschulden eines Steuerberaters wird dem Mandanten zugerechnet. Im Streitfall hat der Steuerberater aber nicht schuldhaft gehandelt, und der Kläger selbst hat auch keinen Fehler gemacht.

    Weshalb die E-Mail im Streitfall beim Finanzamt nicht angekommen ist, konnte nicht geklärt werden. Es kann sich z.B. um eine technische Störung gehandelt haben, um einen Spam-Filter oder um einen Bedienfehler.

    Quelle: BFH, Urteil vom 29.4.2025 – VI R 2/23; NWB

  • Fahrtkosten eines Leiharbeitnehmers

    Ist ein Leiharbeitnehmer unbefristet bei einem Zeitarbeitsunternehmen angestellt, hat er keine erste Tätigkeitsstätte beim Entleiher, bei dem er eingesetzt wird. Hierfür fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung des Leiharbeitnehmers. Der Leiharbeitnehmer ist daher nicht auf die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer beschränkt, sondern kann für die Hin- sowie Rückfahrt von seiner Wohnung zum Einsatzort jeweils mindestens 0,30 € pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten geltend machen.

    Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte kann der Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer geltend machen. Beträgt die Entfernung mehr als 20 km, erhöht sich die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer seit 2021 auf 0,35 € und seit 2022 auf 0,38 €.

    Sachverhalt: Der Kläger war Leiharbeitnehmer und seit dem 28.11.2015 unbefristet bei dem Zeitarbeitsunternehmen Z angestellt. Seine Tätigkeit für Z endete am 31.8.2018. In den Streitjahren 2017 und 2018 wurde er von Z bis zum 31.8.2018 bei dem Entleiher E eingesetzt und arbeitete in einer betrieblichen Einrichtung des E in R-Stadt; die Entfernung zwischen seiner Wohnung und R-Stadt betrug 35 km. Der Kläger machte als Fahrtkosten für jeden gefahrenen Kilometer, also Hin- und Rückfahrt, 0,30 € geltend. Das Finanzamt erkannte nur die Entfernungspauschale an.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Die Entfernungspauschale galt nicht, weil der Kläger in R-Stadt keine erste Tätigkeitsstätte hatte. Dies hätte erfordert, dass er von seinem Arbeitgeber der Tätigkeitsstätte in R-Stadt entweder unbefristet oder für die Dauer des Arbeitsverhältnisses oder für mehr als 48 Monate zugeordnet worden wäre. Eine derartige Zuordnung ist aber nicht erfolgt.

    • Eine unbefristete Zuordnung ist bei einem Leiharbeitsverhältnis bereits deshalb zu verneinen, weil der Verleiher den Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate dem Entleiher überlassen darf. Eine Zuordnung für die Dauer des Arbeitsverhältnisses hätte ein befristetes Leiharbeitsverhältnis vorausgesetzt. Eine Zuordnung von mehr als 48 Monaten war nicht erfolgt.

    • Da die Entfernungspauschale mangels erster Tätigkeitsstätte nicht galt, konnte der Kläger nun die Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt für den Zeitraum vom 1.1.2017 bis zum 31.8.2018 geltend machen. Hierfür kann der Kläger einen Pauschalbetrag von 0,30 € pro gefahrenen Kilometer ansetzen, also das Doppelte der Entfernungspauschale, da diese nur für die einfache Strecke (Entfernung) angesetzt wird.

    Hinweise: Der Kläger beendete seine Tätigkeit für Z zum 31.8.2018 und wechselte zu E. Ab dem 1.9.2018 hatte der Kläger damit eine erste Tätigkeitsstätte in R-Stadt, da er dem dortigen Betrieb des E dauerhaft zugeordnet war. Somit konnte der Kläger ab dem 1.9.2018 nur noch die Entfernungspauschale geltend machen.

    Aktuell plant der Gesetzgeber eine Erhöhung der Entfernungspauschale auf 0,38 € ab dem Jahr 2026. Nach der derzeitigen Rechtslage wird erst ab dem 21. Kilometer eine Entfernungspauschale von 0,38 € pro Entfernungskilometer gewährt, so dass zurzeit nur sog. Fernpendler von dem erhöhten Betrag profitieren. Künftig würden alle Arbeitnehmer von dem erhöhten Betrag profitieren, und zwar bereits ab dem ersten Kilometer.

    Quelle: BFH, Urteil vom 17.6.2025 - VI R 22/23; NWB

  • Antrag auf Günstigerprüfung hindert den Verjährungseintritt nicht

    Beantragt der Steuerpflichtige eine sog. Günstigerprüfung bei den Kapitaleinkünften, damit abweichend vom Abgeltungsteuersatz von 25 % der niedrigere individuelle Steuersatz angesetzt wird, führt dieser Antrag nicht zu einer Anlaufhemmung beim Beginn der Verjährungsfrist.

    Hintergrund: Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre. Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Ist der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wird, spätestens nach drei Jahren (sog. Anlaufhemmung). Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht z.B. für Steuerpflichtige, die neben ihrem Arbeitseinkommen bzw. Versorgungsbezügen noch positive Einkünfte in Höhe von mehr als 410 € erzielt haben, die noch nicht versteuert worden sind.

    Kapitaleinkünfte unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Der Steuerpflichtige kann aber beantragen, dass eine sog. Günstigerprüfung durchgeführt und sein individueller Steuersatz angewendet wird, wenn dieser niedriger ist.

    Sachverhalt: Die Kläger waren Erben ihrer im März 2018 verstorbenen Mutter. Sie reichten für ihre verstorbene Mutter Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2014 und 2015 am 30.12.2020 ein. In beiden Einkommensteuererklärungen erklärten sie Versorgungsbezüge, von denen bereits Lohnsteuer einbehalten worden war. Außerdem gaben sie für 2014 inländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 4.500 € an, von denen Abgeltungsteuer einbehalten worden war. Für 2015 erklärten sie zum einen inländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 1.500 €, von denen Abgeltungsteuer einbehalten worden war, und zum anderen ausländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 2.600 €, von denen bislang keine Steuer einbehalten worden war. Für beide Jahre beantragten sie die sog. Günstigerprüfung für sämtliche Kapitaleinnahmen. Das Finanzamt lehnte die Durchführung von Einkommensteuerveranlagungen wegen Verjährungseintritts ab.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage bezüglich der Einkommensteuer 2015 statt und wies die Klage hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 ab:

    • Für 2014 war bereits Verjährung eingetreten. Die vierjährige Verjährungsfrist begann mit Ablauf des 31.12.2014 und endete daher mit Ablauf des 31.12.2018.

    • Eine Anlaufhemmung von drei Jahren war nicht eingetreten, da keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung bestand. Denn die Mutter hatte neben ihren bereits versteuerten Versorgungsbezügen und Kapitaleinnahmen nicht mehr als 410 € Einkünfte erzielt. Die Kapitaleinnahmen waren bei der Prüfung der Grenze von 410 € nicht einzubeziehen, da sie bereits der Abgeltungsteuer unterlegen hatten. Von den Versorgungsbezügen war bereits Lohnsteuer einbehalten worden. Es gab somit keine weiteren Einkünfte, die noch nicht besteuert waren.

    • Der Antrag auf Günstigerprüfung für 2014 begründete keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung und löste daher keine Anlaufhemmung von bis zu drei Jahren aus. Der Antrag auf Günstigerprüfung für 2014 stellte auch kein rückwirkendes Ereignis dar, das zu einer erneuten vierjährigen Festsetzungsverjährung geführt hätte.

    • Für 2015 hat die Klage jedoch Erfolg, da die Mutter noch ausländische Kapitaleinnahmen von ca. 2.600 € erzielt hatte, die noch nicht versteuert worden waren. Damit war die Grenze von 410 € überschritten, und es bestand eine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung, so dass es zu einer Anlaufhemmung im Umfang von drei Jahren kam. Damit begann die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des 31.12.2018 und endete mit Ablauf des 31.12.2022. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung im Jahr 2020 war folglich rechtzeitig erfolgt.

    Hinweise: Ausnahmsweise kann der Antrag auf Günstigerprüfung im Zusammenhang mit einem rückwirkenden Ereignis stehen, so dass dann eine erneute Verjährungsfrist von vier Jahren ausgelöst wird. Dies ist der Fall, wenn es bereits einen Einkommensteuerbescheid mit hohen Einkünften gibt, so dass ein Antrag auf Günstigerprüfung nicht sinnvoll ist, weil der individuelle Steuersatz höher ist als 25 %. Dann wird der Einkommensteuerbescheid jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert und das Einkommen so deutlich herabgesetzt, dass nunmehr ein Antrag auf Günstigerprüfung in Betracht kommt. Der BFH sieht in der niedrigeren Steuerfestsetzung im Änderungsbescheid ein rückwirkendes Ereignis. Im aktuellen Streitfall lagen jedoch die Voraussetzungen für einen Antrag auf Günstigerprüfung von Anfang an vor.

    Quelle: BFH, Urteil vom 14.5.2025 – VI R 17/23; NWB

  • Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe der Steuererklärung

    Eine Steuerhinterziehung kann auch dadurch begangen werden, dass die Steuererklärung nicht abgegeben wird, so dass das Finanzamt keine Kenntnis von den Einkünften erlangt. Eine Kenntnis des Finanzamts ist auch dann zu verneinen, wenn dem Finanzamt elektronische Daten von einem Dritten wie z.B. dem Arbeitgeber übermittelt werden, diese Daten aber nicht automatisch der Steuerakte des Steuerpflichtigen zugeordnet werden, sondern nur auf einem Datenspeicher des Finanzamts mit der Steuernummer des Steuerpflichtigen gespeichert werden und dort zum Abruf bereitstehen.

    Hintergrund: Grundsätzlich beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie verlängert sich im Fall einer leichtfertigen Steuerverkürzung auf fünf Jahre und im Fall einer vorsätzlichen Steuerverkürzung auf zehn Jahre.

    Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute. Bis einschließlich 2008 war nur der Ehemann Arbeitnehmer, so dass keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung bestand (sog. Antragsveranlagung). In den Streitjahren 2009 und 2010 war auch die Ehefrau Arbeitnehmerin. Da die Ehefrau die Steuerklasse III und der Ehemann die Steuerklasse V hatte, bestand nun eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung; allerdings erfasste das Finanzamt die Kläger zu Unrecht weiterhin als Fall einer Antragsveranlagung. Für 2009 und 2010 gaben die Kläger keine Steuererklärungen ab; allerdings übermittelten die Arbeitgeber der Kläger dem Finanzamt die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen. Die Bescheinigungen wurden nicht in der Steuerakte der Kläger erfasst, sondern nur im Datenverarbeitungsprogramm des Finanzamts unter der Steuernummer der Kläger abrufbereit gespeichert. Im Jahr 2018 fiel dem Finanzamt bei einer elektronischen Überprüfung auf, dass die Kläger zur Abgabe von Steuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 verpflichtet gewesen wären. Es erließ daher im Juni 2018 Schätzungsbescheide für beide Jahre. Hiergegen wehrten sich die Kläger.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine verlängerte Festsetzungsfrist wegen einer Steuerverkürzung für denkbar und hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen:

    • Die Festsetzungsfrist beginnt zwar grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Besteht allerdings eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung, beginnt sie erst mit der Abgabe der Steuererklärung, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Jahres, das auf das Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

    • Im Streitfall bestand eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung, so dass die Festsetzungsverjährung für 2009 mit Ablauf des 31.12.2012 und für 2010 mit Ablauf des 31.12.2013 begann und mit Ablauf des 31.12.2016 (für 2009) bzw. 31.12.2017 (für 2010) endete.

    • Allerdings kommt eine Verlängerung der Festsetzungsfrist von vier Jahren auf fünf oder zehn Jahre in Betracht, falls die Kläger eine Steuerverkürzung begangen haben sollten. Eine Steuerverkürzung kann durch Unterlassen der Abgabe der Steuererklärung begangen werden, wenn hierdurch das Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wird.

    • Im Streitfall wird die Steuerverkürzung nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Finanzamt die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen von den Arbeitgebern übermittelt worden waren. Denn es kommt entscheidend auf die Kenntnis derjenigen Finanzbeamten an, die für die Bearbeitung der Steuererklärung zuständig sind. Bei ihnen ist zwar eine Kenntnis des gesamten Inhalts der Papierakte bzw. elektronischen Akte zu unterstellen. Dies gilt jedoch nicht für elektronische Daten, die nicht in der Papierakte bzw. elektronischen Akte gespeichert bzw. (nach Ausdruck) abgelegt werden, sondern nur allgemein auf einem Datenspeicher mit der Steuernummer des Steuerpflichtigen gespeichert werden und dort abrufbar sind.

    • Das FG muss daher nun prüfen, ob den Klägern Leichtfertigkeit oder Vorsatz zu unterstellen ist, so dass eine leichtfertige Steuerverkürzung mit einer fünfjährigen Verjährungsfrist oder eine vorsätzliche Steuerverkürzung mit einer zehnjährigen Verjährungsfrist in Betracht kommt.

    Hinweise: Bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung hätte sich die Verjährungsfrist für 2009 nur bis zum 31.12.2018 verlängert, so dass die Klage insoweit Erfolg hätte. Da selbst das Finanzamt nicht erkannt hat, dass seit 2009 die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung vorlagen, wird das FG voraussichtlich eine Leichtfertigkeit und damit erst recht einen Vorsatz verneinen.

    Eine Einkommensteuerverkürzung durch Unterlassen ist vollendet, wenn das Finanzamt die wesentlichen Veranlagungsarbeiten für das entsprechende Jahr abgeschlossen hat. Dies war bezüglich des Veranlagungszeitraums für 2009 am 31.3.2011 der Fall, da das Finanzamt an diesem Tag die wesentlichen Veranlagungsarbeiten für 2009 zu 95 % abgeschlossen hatte; hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2010 hatte das Finanzamt am 31.3.2012 die wesentlichen Veranlagungsarbeiten für 2010 abgeschlossen.

    Quelle: BFH, Urteil vom 14.5.2025 – VI R 14/22; NWB

  • Doppelte Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden GmbH

    Der Erwerb von Anteilen an einer GmbH, die Grundbesitz hält, kann zweimal Grunderwerbsteuer auslösen, wenn zunächst nur der Vertrag über den Anteilsverkauf abgeschlossen wird (sog. Signing) und die Anteile später übertragen werden (sog. Closing). Selbst wenn die doppelte Festsetzung rechtswidrig sein sollte, ist jedenfalls die Festsetzung von Grunderwerbsteuer gegenüber der GmbH für die Anteilsübertragung (sog. Closing) rechtlich nicht zweifelhaft.

    Hintergrund: Grunderwerbsteuer entsteht nicht nur beim Verkauf eines Grundstücks, sondern auch, wenn mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter übergehen oder wenn ein Anteilserwerber nunmehr mit mindestens 90 % beteiligt ist. Das Gesetz knüpft in unterschiedlichen Regelungen teils an den Verkaufsvertrag, also an das Verpflichtungsgeschäft (sog. Signing), und teils an die Übertragung der Anteile, also an die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts (sog. Closing), an.

    Sachverhalt: Die Antragstellerin war eine GmbH, die Grundbesitz hielt. Ihre alleinige Anteilseignerin war die H-GmbH. Die H-GmbH verkaufte mit Vertrag vom 22.3.2024 ihre gesamten Anteile an die M-GmbH; die Übertragung der GmbH-Anteile sollte jedoch erst nach der Bezahlung des Kaufpreises erfolgen, der zum 2.4.2024 fällig wurde. Am 2.4.2024 zahlte die M-GmbH den Kaufpreis, so dass die Abtretung der GmbH-Anteile an die M-GmbH an diesem Tag erfolgte. Das Finanzamt setzte nun zweimal Grunderwerbsteuer fest: einmal gegenüber der M-GmbH wegen des Verkaufsvertrags vom 22.3.2024 und ein weiteres Mal gegenüber der Antragstellerin aufgrund der Anteilsabtretung, die zu einem Wechsel im Gesellschafterbestand der Antragstellerin im Umfang von mindestens 90 % geführt hatte. Die Antragstellerin legte gegen ihren Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Nachdem das Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, kam der Fall zum BFH.

    Entscheidung: Der BFH lehnte die Aussetzung der Vollziehung des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids ab:

    • Es bestanden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Bescheides. Ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar in der Weise, dass mindestens 90 % der GmbH-Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, ist dies grunderwerbsteuerbar, wenn die GmbH Grundbesitz hält. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt, da die H-GmbH in einem Akt 100 % der Anteile an der Antragstellerin auf die M-GmbH übertragen hat. Die Übertragung erfolgte mit der vollständigen Kaufpreiszahlung am 2.4.2024. Steuerschuldnerin ist in einem solchen Fall die Gesellschaft, deren Anteile übertragen werden, und damit die Antragstellerin.

    • Zwar kann die Grunderwerbsteuerfestsetzung nach dem Gesetz aufgehoben werden, wenn Grunderwerbsteuer für das sog. Signing und für das sog. anschließende Closing doppelt festgesetzt wird. Die Aufhebung betrifft nach dem Wortlaut des Gesetzes aber nur die Grunderwerbsteuer, die für das Verpflichtungsgeschäft festgesetzt worden ist (sog. Signing), nicht jedoch die Grunderwerbsteuer, die für die Anteilsübertragung (sog. Closing) festgesetzt wird. Daher könnte allenfalls die M-GmbH als Erwerberin der Anteile eine Aufhebung der Grunderwerbsteuer, die aufgrund des Vertrags vom 22.3.2024 der M-GmbH gegenüber festgesetzt worden ist, verlangen.

    Hinweise: Erfolgen Signing und Closing in einem Akt, wird Grunderwerbsteuer nur einmal festgesetzt. Fallen Signing und Closing aber zeitlich auseinander, droht eine doppelte Festsetzung der Grunderwerbsteuer. Hier bestehen nun zwei Möglichkeiten, eine doppelte Festsetzung zu vermeiden:

    • Der Steuerschuldner, der Grunderwerbsteuer aufgrund des Verkaufsvertrags entrichten muss (sog. Signing), kann die Aufhebung der Grunderwerbsteuer beantragen; im Streitfall war das die M-GmbH. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn einer der beiden Erwerbsvorgänge (Signing oder Closing) dem Finanzamt nicht fristgerecht und vollständig angezeigt worden ist.

    • Nach einer aktuellen Entscheidung des BFH bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer doppelten Grunderwerbsteuerfestsetzung. Vorrangig und damit rechtmäßig sein dürfte die Grunderwerbsteuerfestsetzung für die Übertragung der GmbH-Anteile (sog. Closing). Auch danach wäre die Grunderwerbsteuerfestsetzung im Streitfall rechtmäßig, da sie das sog. Closing betrifft. Hingegen könnte die Grunderwerbsteuerfestsetzung, die aufgrund des Vertrags erfolgt ist (im Streitfall gegenüber der M-GmbH), rechtswidrig sein, wenn dem Finanzamt im Zeitpunkt des Erlasses des entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheids bereits bekannt war, dass die Anteilsübertragung (sog. Closing) schon erfolgt ist. Es handelt sich vorliegend jedoch nur um eine vorläufige Entscheidung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes.

    Quelle: BFH, Beschluss vom 16.9.2025 - II B 23/25; NWB