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  • Schenkungsteuer: Besteuerungslücke bei disquotaler Einlage in KGaA

    Die disquotale Einlage eines Kommanditaktionärs in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), deren persönlich haftender Gesellschafter nicht am Grundkapital beteiligt ist, ist nicht schenkungsteuerbar. Denn es gibt keinen Anteil des persönlich haftenden Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft, dessen Wert sich durch die Einlage erhöhen könnte. Für eine Schenkungsteuerbarkeit genügt es nicht, dass im Fall des Ausscheidens oder der Liquidation der KGaA der persönlich haftende Gesellschafter von der Einlage profitieren könnte.

    Hintergrund: Schenkungsteuerbar sind zum einen Schenkungen an eine andere Person. Der Gesetzgeber behandelt aber auch disquotale Einlagen bei einer Kapitalgesellschaft als schenkungsteuerbar: Dies ist der Fall, wenn ein Gesellschafter einer GmbH über seine Beteiligung hinaus eine Einlage leistet und sich hierdurch der Anteil eines anderen GmbH-Gesellschafters (typischerweise ein Angehöriger, der ebenfalls an der GmbH beteiligt ist) im Wert erhöht.

    Sachverhalt: Der Kläger und sein Vater V gründeten im Jahr 2019 eine KGaA. Das Grundkapital von 50.000 € bestand aus 50.000 Stückaktien, die V als Kommanditaktionär übernahm. Der Kläger war persönlich haftender Gesellschafter und verpflichtete sich, eine Vermögenseinlage von 450.000 € zu erbringen, die nicht auf das Grundkapital zu leisten war; der Kläger war damit nicht am Grundkapital beteiligt. Im Fall einer Auseinandersetzung der Gesellschaft sollte der Kläger aber 90 % (450.000/500.000) des Auseinandersetzungsguthabens erhalten. V leistete anschließend eine Einlage in Millionenhöhe in die ungebundene Kapitalrücklage der KGaA. Das Finanzamt sah hierin eine Schenkung in Gestalt einer disquotalen Einlage, die den Wert der Beteiligung des Klägers erhöhte.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Hamburg (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Eine unmittelbare Schenkung hat V an den Kläger nicht geleistet. Denn die von V gezahlte Einlage ist in das Vermögen der KGaA geflossen, nicht aber an den Kläger.

    • Zwar werden auch disquotale Einlagen in eine Kapitalgesellschaft von der Schenkungsteuer erfasst, wenn sich hierdurch der Anteil an einer Kapitalgesellschaft im Wert erhöht. Der Kläger hatte aber keinen Anteil an einer Kapitalgesellschaft. Auch wenn eine KGaA als Kapitalgesellschaft angesehen wird, hielt der Kläger keinen Anteil an der KGaA; denn er war am Grundkapital der KGaA nicht beteiligt.

    • Da das Gesetz einen Anteil des Klägers an einer Kapitalgesellschaft verlangt, genügt es für die Schenkungsteuerbarkeit nicht, dass der Kläger im Fall seines Ausscheidens oder der Liquidation der KGaA mit 90 % am Auseinandersetzungsguthaben beteiligt wäre und in diesem Fall von der Einlage des V profitieren würde, sofern sie dann noch im Vermögen der KGaA vorhanden wäre.

    Hinweis: Das FG geht von einer Besteuerungslücke aus, die nicht von einem Gericht, sondern nur vom Gesetzgeber geschlossen werden kann. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass dieser eine abschließende Entscheidung treffen muss.

    Quelle: FG Hamburg, Urteil v. 11.7.2023 - 3 K 188/21, Rev. beim BFH: II R 23/23; NWB

  • Abgeltungsteuer auf Darlehenszinsen für mittelbar beteiligten Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft

    Erhält ein Darlehensgeber Darlehenszinsen von einer ausländischen Kapitalgesellschaft, an der er mittelbar beteiligt ist, werden die Darlehenszinsen nach der bis einschließlich 2020 geltenden Rechtslage mit dem individuellen Steuersatz des Darlehensgebers besteuert und nicht mit der Abgeltungsteuer von 25 %. Dies gilt dann, wenn der Darlehensgeber die Stimmenrechtsmehrheit an der zwischengeschalteten Anteilseignerin der ausländischen Kapitalgesellschaft hat und diese mit mindestens 10 % an der ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

    Hintergrund: Darlehenszinsen unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Allerdings gibt es hiervon gesetzliche Ausnahmen, so dass die Zinsen mit dem individuellen Steuersatz des Steuerpflichtigen besteuert werden. Eine solche Ausnahme greift z.B., wenn der Darlehensgeber Zinsen von einer Kapitalgesellschaft erhält, an der er mit mindestens 10 % beteiligt ist, oder wenn der Darlehensgeber eine nahe stehende Person des Anteilseigners der Kapitalgesellschaft, die die Zinsen zahlt, ist.

    Sachverhalt: Der Kläger lebte in Deutschland und war hier unbeschränkt steuerpflichtig. Er war Alleingesellschafter der niederländischen A-BV, einer Kapitalgesellschaft. Die A-BV war wiederum Alleingesellschafterin der niederländischen B-BV. Der Kläger gewährte der B-BV mehrere Darlehen. Hierfür erhielt er im Streitjahr 2011 410.000 € Zinsen. Das Finanzamt lehnte eine Besteuerung mit der Abgeltungsteuer von 25 % ab und besteuerte die Zinsen mit dem höheren individuellen Steuersatz des Klägers.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) lehnte die Anwendung der Abgeltungsteuer ab und gab dem Finanzamt Recht:

    • Grundsätzlich gilt für Darlehenszinsen die Abgeltungsteuer von 25 %. Im Streitfall ist die Abgeltungsteuer aber kraft Gesetzes ausgeschlossen.

    • Zwar greift nicht der gesetzliche Ausschluss für Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die mit mindestens 10 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Denn der Kläger war nicht unmittelbar mit mindestens 10 % an der B-BV beteiligt, sondern nur mittelbar.

    • Jedoch war der Kläger eine der Anteilseignerin A-BV nahe stehende Person. Die A-BV war mit mindestens 10 %, nämlich sogar mit 100 %, an der B-BV beteiligt, und der Kläger hatte die Stimmenrechtsmehrheit bei der A-BV.

    • Dieser gesetzliche Ausschluss von der Abgeltungsteuer gilt auch dann, wenn die Zinsen von einer ausländischen Kapitalgesellschaft wie der B-BV, die in Deutschland weder über einen Sitz noch ihre Geschäftsleitung hat, gezahlt werden. Die Abgeltungsteuer soll nämlich die Standortattraktivität des deutschen Finanzplatzes stärken und daher Kapitalanlagen in Deutschland steuerlich entlasten. Es wäre daher sinnwidrig, den Ausschluss von der Abgeltungsteuer deshalb zu verneinen, weil es sich um Zinszahlungen einer ausländischen Kapitalgesellschaft handelt.

    Hinweise: Das Urteil betrifft die Rechtslage bis einschließlich 2020. Der Gesetzgeber hat den Ausschluss der Abgeltungsteuer im Jahr 2020 erweitert, um zu verhindern, dass sich Verluste aus Kapitalvermögen außerhalb der Abgeltungsteuer und damit steuerlich vorteilhaft auswirken. Deshalb soll es aufgrund der Gesetzesänderung nur noch dann zu einem Ausschluss der Abgeltungsteuer kommen, wenn die Zinsen beim Schuldner zu inländischen Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen.

    Für den Kläger wirkt sich diese Gesetzesänderung künftig positiv aus. Denn die niederländische B-BV kann die von ihr an den Kläger gezahlten Zinsen nicht als inländische (d.h. deutsche) Betriebsausgaben geltend machen. Damit greift der gesetzliche Ausschluss der Abgeltungsteuer nicht mehr, so dass die Zinsen der Abgeltungsteuer von 25 % unterliegen. Diese Gesetzesänderung gilt für den Kläger ab 2024, da die im Jahr 2020 beschlossene Gesetzesänderung für sog. Altdarlehen, die vor dem 1.1.2021 gewährt worden sind, erst ab 2024 anwendbar ist. Sollte der Kläger ein weiteres Darlehen an die B-BV ab dem 1.1.2021 gewähren, also ein sog. Neudarlehen, würde für diese Zinsen bereits ab 2021 die Abgeltungsteuer gelten.

    Quelle: BFH, Urteil v. 27.6.2023 - VIII R 15/21; NWB

  • Berücksichtigung eines Verlustes aus einer Bürgschaft eines GmbH-Gesellschafters

    Eine sog. stehengelassene Bürgschaft eines GmbH-Gesellschafters, die vor dem Eintritt der Krise der GmbH eingeräumt und mit Eintritt der Krise stehengelassen wurde, kann bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Verlust berücksichtigt werden. Die hierfür erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht ist trotz fehlender Vereinbarung einer Avalprovision anzunehmen, wenn der GmbH-Gesellschafter mit der Bürgschaftsgewährung eine Wertsteigerung seiner GmbH-Beteiligung angestrebt hat.

    Hintergrund: Gewinne und Verluste aus dem Verkauf oder der Aufgabe von GmbH-Beteiligungen sind grundsätzlich steuerpflichtig, und zwar entweder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn der Gesellschafter mit mindestens 1 % beteiligt ist, oder aber als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Neben der eigentlichen GmbH-Beteiligung geben GmbH-Gesellschafter häufig auch Finanzierungsleistungen in Gestalt von Darlehen oder Bürgschaften. Fällt der Gesellschafter mit seinem Darlehen aus oder wird er aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, stellt sich die Frage, ob er den Darlehensausfall bzw. den Ausfall seiner Regressforderung als Bürge steuerlich absetzen kann.

    Sachverhalt: Der Kläger war zusammen mit seinem Bruder zu jeweils 50 % an der B-GmbH beteiligt. Der Kläger verbürgte sich zusammen mit seinem Bruder in den Jahren 2010 und 2011 für mehrere Darlehen der B-GmbH, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht finanziell angeschlagen war. Die Bürgschaften waren mit einer Frist von vier Wochen kündbar. Im Jahr 2012 geriet die B-GmbH in die Krise. Sie beantragte im Dezember 2012 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens; im März 2013 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Jahr 2014 zahlten die Brüder aufgrund einer mit dem Insolvenzverwalter getroffenen Vereinbarung jeweils ca. 115.000 € an die Banken. Der Kläger machte den Betrag von 115.000 € ebenso wie den Verlust seiner Beteiligung steuerlich geltend. Das Finanzamt erkannte nur den Verlust der Beteiligung an.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Als Bürge, der in Anspruch genommen wurde, erlangte der Kläger eine Regressforderung gegen die GmbH, die aber ausfiel, weil sich die GmbH bereits in Insolvenz befand. Der Ausfall einer Forderung führt zu Verlusten aus Kapitalvermögen. Nach dem Gesetzeswortlaut wird zwar nur der Verkauf einer Forderung mit Verlust den Kapitaleinkünften zugeordnet; der Ausfall einer Forderung wird dem aber gleichgestellt, da es keinen Unterschied macht, ob der Steuerpflichtige die Forderung kurz vor dem Ausfall noch zu einem Preis von 0 € veräußert oder aber behält und mit ihr ausfällt.

    • Der Ausfall der Regressforderung erfolgte im Jahr 2014. Denn in diesem Jahr hatte der Kläger die Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter getroffen und die Zahlungen als Bürge an die Banken geleistet. Zu diesem Zeitpunkt war kein Geld mehr von der GmbH zu erwarten.

    • Zwar ist für die Zuordnung zu den Kapitaleinkünften eine Einkünfteerzielungsabsicht erforderlich; der Kläger hatte aber eine Einkünfteerzielungsabsicht, auch wenn er für die Bürgschaftsgewährung keine Avalprovision erhielt. Als GmbH-Gesellschafter ging es ihm nämlich auch um die Erhaltung und Steigerung des (steuerpflichtigen) Werts seiner GmbH-Beteiligung.

    • Der Verlust belief sich auf 115.000 €, da der Kläger diesen Betrag an die Gläubiger gezahlt hatte und in dieser Höhe eine Regressforderung gegen die B-GmbH erworben hatte. Dieser Verlust unterlag dem individuellen Steuersatz des Klägers und nicht lediglich der Abgeltungsteuer von 25 %. Denn die Abgeltungsteuer war nach der im Streitjahr gültigen Rechtslage ausgeschlossen, wenn der Gesellschafter der GmbH mit mindestens 10 % beteiligt war.

    Hinweise: Zusätzlich zu dem Verlust aus dem Ausfall der Regressforderung konnte der Kläger auch noch den Verlust seiner GmbH-Beteiligung geltend machen. Dieser Verlust war allerdings unstreitig; er wurde nach dem sog. Teileinkünfteverfahren zu 60 % vom Einkommen des Klägers abgezogen.

    Die Berücksichtigung von Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen hat sich für GmbH-Gesellschafter, die mit mindestens 10 % beteiligt sind, aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2020 deutlich verschlechtert. Denn Forderungsausfälle unterliegen jetzt zum einen der Abgeltungsteuer, und sie können jährlich nur noch bis zu 20.000 € mit positiven Kapitaleinkünften ausgeglichen werden. Diese Gesetzesänderung gilt für Darlehen, die vor dem 1.1.2021 gewährt worden sind, aber erst ab 2024.

    Quelle: BFH, Urteil v. 20.6.2023 - IX R 2/22; NWB

  • Keine Pflicht zur Heilung eines fehlerhaften Ergebnisabführungsvertrags

    Ist eine körperschaftsteuerliche Organschaft auf der Grundlage eines fehlerhaften Gewinnabführungsvertrags durchgeführt, aber vor dem 1.1.2015 beendet worden, war eine Heilung des fehlerhaften Gewinnabführungsvertrags zwar aufgrund einer Gesetzesänderung möglich. Es gab aber keine Pflicht zu einer derartigen Heilung, so dass sich der Organträger auch nach außen erkennbar gegen eine Heilung aussprechen konnte mit der Folge, dass ihm das Einkommen der Organgesellschaft nicht zugerechnet wird.

    Hintergrund: Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft verpflichtet sich eine Kapitalgesellschaft (sog. Organgesellschaft), ihren gesamten Gewinn an den Organträger abzuführen. Das Einkommen der Organgesellschaft wird dann dem Organträger zugerechnet und nur von diesem versteuert. Ist die Organgesellschaft eine GmbH, muss der Ergebnisabführungsvertrag eine Verpflichtung des Organträgers für den Fall der Verlustübernahme enthalten, damit die Organschaft körperschaftsteuerlich anerkannt wird. Hierfür ist auf eine bestimmte aktienrechtliche Vorschrift Bezug zu nehmen. Im Dezember 2004 wurde diese aktienrechtliche Vorschrift um einen weiteren Absatz ergänzt, so dass der Verweis in vielen Ergebnisabführungsverträgen nicht mehr stimmte, weil der neue Absatz in dem Verweis nicht erwähnt wurde. Der Gesetzgeber ermöglichte im Jahr 2013 eine Heilung der nunmehr fehlerhaft gewordenen Ergebnisabführungsverträge.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG und schloss im März 2004 mit der A-GmbH, an der sie zu 100 % beteiligt war, einen Ergebnisabführungsvertrag (EAV). Danach sollte die A-GmbH ihren Gewinn an die Klägerin abführen. Der EAV enthielt einen Verweis auf die im März 2004 gültige aktienrechtliche Regelung zur Verlustübernahme. Dieser Verweis wurde aber im Dezember 2004 nicht ergänzt, nachdem die aktienrechtliche Regelung im Dezember 2004 um einen weiteren Absatz ergänzt worden war. Die Klägerin kündigte den EAV zum 31.5.2012. Im Anschluss an eine Außenprüfung machte die Klägerin geltend, dass der EAV mangels Verweises auf die im Dezember 2004 geänderte aktienrechtliche Regelung zur Verlustübernahme unwirksam sei. Die körperschaftsteuerliche Organschaft sei daher nicht anzuerkennen, so dass ihr das Einkommen der A-GmbH in den Jahren 2007 bis 2010 nicht zuzurechnen sei; die Bescheide für diese Jahre waren aufgrund der Außenprüfung verfahrensrechtlich noch änderbar.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

    • Der EAV war fehlerhaft, weil der Verweis auf die aktienrechtliche Regelung zur Verlustübernahme infolge der Änderung dieser Regelung unvollständig und damit unwirksam geworden war.

    • Eine Heilung des fehlerhaften EAV war zwar möglich, weil der Gesetzgeber im Jahr 2013 eine solche Heilung ermöglichte. Voraussetzung für die Heilung war, dass eine Verlustübernahme tatsächlich erfolgt ist und dass bis zum 31.12.2014 eine Verlustübernahme durch Aufnahme eines sog. dynamischen Verweises auf die jeweils geltende Fassung der aktienrechtlichen Regelung zur Verlustübernahme vereinbart wurde.

    • Dieser Vereinbarung bedurfte es nicht, wenn die steuerliche Organschaft – wie im Streitfall – vor dem 1.1.2015 beendet wurde. Daraus folgt aber keine zwingende Heilung, selbst wenn die Verlustübernahme tatsächlich erfolgt war. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Heilung in das Belieben des Organträgers gestellt.

    • Im Streitfall hat sich die Klägerin ausdrücklich gegen eine Heilung des EAV gestellt, weil sie keine Zurechnung des Einkommens der A-GmbH wünschte. Damit blieb es bei dem fehlerhaften EAV, so dass die Klägerin das Einkommen der A-GmbH der Streitjahre nicht versteuern musste.

    Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass die gesetzliche Heilungsmöglichkeit keine Heilungspflicht begründet. Wer die Organschaft vor dem 1.1.2015 beendete, konnte also nach außen erkennbar den Willen äußern, dass keine Heilung gewünscht ist. Der Organträger und die Organgesellschaft müssen dann jeweils ihr eigenes Einkommen versteuern.

    Quelle: BFH, Urteil v. 3.5.2023 - I R 7/20; NWB

  • Steuerliche Auswirkungen der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

    Die Bundesregierung hat auf eine sog. Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion mitgeteilt, dass sie derzeit noch nicht abschließend absehen kann, ob die zivilrechtliche Reform im Personengesellschaftsrecht zum 1.1.2024 auch Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht und anderen steuerlichen Gesetzen nach sich ziehen wird.

    Hintergrund: Das Grunderwerbsteuerrecht enthält verschiedene Begünstigungen für Personengesellschaften, etwa bei der Übertragung von Grundstücken von einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter oder umgekehrt. Im Umfang der Beteiligungsquote ist die Grundstücksübertragung grunderwerbsteuerfrei. Bei den Vergünstigungen verwendet das Gesetz meist den Begriff „Gesamthand“. Durch die zum 1.1.2024 in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts wird jedoch der Begriff der Gesamthand im Zivilrecht abgeschafft. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat die Bundesregierung gefragt, ob steuerliche Änderungen geplant sind.

    Wesentlicher Inhalt der Antwort der Bundesregierung:

    • Zurzeit gibt es keine konkrete Zeitplanung für eine Änderung des Grunderwerbsteuerrechts. Innerhalb der Bundesregierung ist der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen.

    • Auf Bund-Länder-Ebene wird derzeit geprüft, ob es im Bereich der Befreiungsvorschriften des Grunderwerbsteuerrechts einen konkreten Anpassungsbedarf gibt.

    • Der Bundesregierung liegt keine statistische Erfassung darüber vor, ob es durch Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften zu Ausfällen bei den Steuereinnahmen kommt. Die Bundesregierung verfügt auch nicht über Informationen, ob Grunderwerbsteuereinnahmen durch Gestaltungen mit Familienstiftungen verloren gehen.

    • Die Bundesregierung will die Bundesländer, denen das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer zusteht, dabei unterstützen, eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer zu ermöglichen, um den Erwerb selbstgenutzten Wohnungseigentums zu erleichtern. Wie die grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen konkret ausgestaltet werden, obliegt dann aber den Bundesländern.

    • Ob sich die Reform des Personengesellschaftsrechts auf das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht auswirkt, kann die Bundesregierung derzeit noch nicht sagen, weil der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist.

    Hinweise: Die Antwort der Bundesregierung erweckt nicht den Eindruck, als ob die Bundesregierung Zeitdruck verspürt. Sie lässt offen, ob sie sich mit einer erneuten Reform bzw. Anpassung des Grunderwerbsteuerrechts beschäftigen will. Die letzte Grunderwerbsteuerreform, die zu grundlegenden Verschärfungen bei Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften geführt hat, stammt aus dem Jahr 2021.

    Ebenso wenig ist abschließend geklärt, ob sich die zum 1.1.2024 in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts auf das Einkommensteuerrecht auswirkt. Auch im Einkommensteuerrecht wird in verschiedenen Fällen der Begriff der Gesamthand verwendet, die es ab dem 1.1.2024 zivilrechtlich nicht mehr geben soll. Allerdings hat der Gesetzgeber in der Begründung zu dem Gesetz über die Reform des Personengesellschaftsrechts ausgeführt, dass sich die zivilrechtliche Reform nicht einkommensteuerlich auswirken soll. Der Gesetzgeber wird dies in einer Gesetzesänderung voraussichtlich noch klarstellen.

    Quelle: BT-Drucks. 20/7216 v. 12.6.2023; NWB

  • Kein Steuerstundungsmodell bei aktiver Betätigung des Steuerpflichtigen

    Ein Steuerstundungsmodell, dessen Verluste grundsätzlich nicht ausgleichsfähig sind, liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige ein vorgefertigtes Konzept vorfindet, das er nur noch anzunehmen braucht, so dass er sich wie ein passiver Anleger verhält. Ist der Steuerpflichtige hingegen in der Weise aktiv, dass er bei der Gestaltung des Konzepts mitwirkt, handelt es sich nicht um ein Steuerstundungsmodell, so dass seine Verluste in vollem Umfang ausgleichsfähig sind.

    Hintergrund: Verluste aus einem Steuerstundungsmodell sind nach dem Gesetz nicht mit anderen positiven Einkünften ausgleichbar. Sie sind lediglich verrechenbar und können nur mit künftigen positiven Einkünften aus dem Steuerstundungsmodell verrechnet werden.

    Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung negative Einkünfte erzielt werden sollen. Eine modellhafte Gestaltung ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit erhält, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG, die von A und B im Jahr 2006 gegründet wurde und an der sich C als atypisch stiller Gesellschafter beteiligte. B hatte im Jahr 2006 hohe Einkünfte erzielt. Bei der Gründung der KG hatte der Rechtsanwalt und Steuerberater R mitgewirkt, der von B beauftragt worden war, eine Anlagestruktur mit steuerlichem Verlustverrechnungspotenzial zu begründen. R empfahl eine Treuhandstruktur; dieser Empfehlung folgten A, B und C aber nicht, sondern gründeten die KG selbst (A und B) bzw. beteiligten sich als stiller Gesellschafter (C). Die KG erwarb dann Schuldverschreibungen, deren Erwerb durch Bankdarlehen finanziert wurde, bei deren Auszahlung ein Disagio abgezogen wurde. An den Verhandlungen mit den Banken nahmen A, B und C sowie R teil. Im Jahr 2006 erzielte die KG einen Verlust, den das Finanzamt als Verlust aus einem Steuerstundungsmodell ansah, so dass er mit den positiven Einkünften von A, B und C nicht verrechnet werden konnte. Gegen diese Feststellung klagte die KG.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

    • Eine Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell kann dadurch begründet werden, dass man sich an einem geschlossenen Fonds, der ein Steuerstundungsmodell umsetzt, beteiligt oder indem eine Einzelinvestition in Gestalt eines Steuerstundungsmodells getätigt wird.

    • A, B und C haben sich nicht an einem geschlossenen Fonds beteiligt, denn die KG hatte keinen geschlossenen Anlegerkreis. Vielmehr hätten nach dem Gesellschaftsvertrag der KG noch weitere Anleger der KG beitreten können.

    • Es handelte sich jedoch um eine Einzelinvestition, da die KG eine Schuldverschreibung gezeichnet hat. Allerdings liegt ein Steuerstundungsmodell nur dann vor, wenn die Investition aufgrund eines vorgefertigten Konzepts erfolgt und sich der Anleger passiv verhält, also das ihm vorgelegte Konzept „abnickt“.

    • Im Streitfall haben A, B und C kein vorgefertigtes Konzept vorgefunden, das sie lediglich übernommen haben, sondern sie haben an der Gestaltung und dem Entwurf des Konzepts aktiv mitgewirkt. So haben sie die KG gegründet (A und B), sind von dem Vorschlag des R, ein Treuhandmodell umzusetzen, abgewichen und haben zusammen mit R eigenständige Verhandlungen mit den Banken geführt. Zudem war B auch geschäftsführender Kommanditist.

    Hinweise: Das Urteil hat zur Folge, dass der von der KG erzielte Verlust von A, B und C im Umfang ihrer jeweiligen Beteiligungsquote mit ihren positiven Einkünften verrechnet werden kann und damit ihre Einkommensteuerlast mindert. Hätte das Finanzamt Recht bekommen, hätten A, B und C warten müssen, bis die KG eines Tages Überschüsse erzielt, und erst dann den lediglich verrechenbaren Verlust zur Verrechnung mit diesen Überschüssen nutzen können.

    Der Verlust der KG ergab sich insbesondere aus dem Disagio des aufgenommenen Bankdarlehens, das in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar war, sowie aus den Zinsen für dieses Darlehen.

    Der BFH macht deutlich, dass steuerliche Vorschriften, die zu Verlusten führen, durchaus von Einzelinvestoren genutzt werden können. Verhindert werden soll aber, dass derartige Vorschriften konzeptionell aufgearbeitet werden und einer Vielzahl von Anlegern angeboten werden.

    Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2023 - VIII R 10/19; NWB

  • Erstmalige Anwendung des Ausschlusses der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für sog. Sondervergütungen an Gesellschafter

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem weiteren Urteil die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die für gewerbliche Grundstücksverwaltungsgesellschaften gewährt wird, für Sondervergütungen, die an die Gesellschafter einer Personengesellschaft gezahlt werden, ausgeschlossen, auch wenn die Gesellschafter nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Dieser Ausschluss gilt aber nur für Sondervergütungen, die erstmals nach dem 18.6.2008 vereinbart worden sind, oder wenn der Gesellschafter – bei vorherigem Abschluss der Vereinbarung – erst nach dem 18.6.2008 Gesellschafter geworden ist.

    Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Nach dem Gesetz erstreckt sich die erweiterte Kürzung aber nicht auf Sondervergütungen, die in dem Gewinn enthalten sind und die für eine Tätigkeit des Gesellschafters (Tätigkeitsvergütung) oder für ein Darlehen (Zinsen) oder für die Nutzung eines Wirtschaftsguts, das kein Grundstück ist, gezahlt werden. Diese Einschränkung betrifft nur Personengesellschaften, weil es bei Kapitalgesellschaften keine Sondervergütungen gibt. Das Gesetz gilt für Sondervergütungen, die nach dem 18.6.2008 vereinbart wurden.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, die eigenen Grundbesitz verwaltete. An der Klägerin war die V-GmbH als Komplementärin beteiligt, die in den Streitjahren 2013 bis 2015 eine Haftungsvergütung erhielt. Außerdem waren u.a. A, B und C als Kommanditisten beteiligt, die nicht der Gewerbesteuer unterlagen. B und C erhielten jährliche Tätigkeitsvergütungen von der Klägerin, während A Darlehenszinsen von der KG erhielt. C war bereits vor dem 19.6.2008 Arbeitnehmer der Klägerin gewesen und trat im November 2010 der Klägerin als Gesellschafter bei. Das Finanzamt versagte die erweiterte Kürzung für die Tätigkeitsvergütungen, Zinsen und Haftungsvergütungen.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die Versagung der erweiterten Kürzung im Grundsatz, gab der Klage aber aus verfahrensrechtlichen Gründen zum Teil statt und verwies die Sache hinsichtlich der Haftungsvergütungen für die V-GmbH an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Sachaufklärung zurück:

    • Grundsätzlich greift im Streitfall der gesetzliche Ausschluss der erweiterten Kürzung für Sondervergütungen. Weder nach dem Wortlaut des Gesetzes noch nach dem Zweck des Gesetzes setzt die Versagung der erweiterten Kürzung voraus, dass der Gesellschafter, der die Sondervergütungen erhält, der Gewerbesteuer unterliegt.

    • Allerdings gilt der gesetzliche Ausschluss der erweiterten Kürzung nur für solche Sondervergütungen, die nach dem 18.6.2008 vereinbart wurden. Dies ist nicht nur bei A und B der Fall, sondern auch bei C, der schon vor dem 19.6.2008 Arbeitnehmer der Klägerin war und einen entsprechenden Arbeitsvertrag geschlossen hatte, auf dem die Tätigkeitsvergütung beruhte. Ist die Vergütungsvereinbarung nämlich bereits vor dem Beitritt als Gesellschafter abgeschlossen worden, kommt es auf den Zeitpunkt der Begründung der Gesellschafterstellung an; C ist aber erst im November 2010 und damit nach dem 18.6.2008 Gesellschafter der Klägerin geworden, so dass für die an ihn gezahlte Tätigkeitsvergütung keine erweiterte Kürzung gewährt wird.

    • Bezüglich der Haftungsvergütung für die V-GmbH muss das FG im zweiten Rechtsgang ermitteln, ob die Haftungsvergütung nach dem 18.6.2008 oder vor dem 19.6.2008 vereinbart worden ist. Nur bei einer Vereinbarung nach dem 18.6.2008 würde der Ausschluss der erweiterten Kürzung greifen.

    Hinweise: Bezüglich des Streitjahres 2013 hatte die Klage aus verfahrensrechtlichen Gründen Erfolg, weil das Finanzamt die erweiterte Kürzung für die Sondervergütungen erst in einem Änderungsbescheid versagt hatte, ohne dass es eine Rechtsgrundlage für diese Änderung gab.

    Der Ausschluss der erweiterten Kürzung gilt nur für die Sondervergütungen, nicht aber für den übrigen Gewinn, der mit der Verwaltung eigenen Grundbesitzes erzielt wurde. Auch Sondervergütungen in Gestalt von Miet- und Pachtzinsen für Grundbesitz, den der Gesellschafter an die Personengesellschaft vermietet, werden nicht von der erweiterten Kürzung ausgeschlossen.

    Der Ausschluss soll insbesondere verhindern, dass sich Banken mit einem Zwerganteil an der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft beteiligen und dann hohe Gesellschafterdarlehen gewähren; die hierfür gezahlten Zinsen waren bis zu der hier streitigen Neuregelung gewerbesteuerfrei. Man nannte diese Gestaltung „Bankenbeteiligungsmodell“.

    Quelle: BFH, Urteil v. 9.3.2023 - IV R 11/20; NWB

  • Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer bei Beteiligung als Komplementär

    Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer für Immobilienunternehmen ist nicht zu gewähren, wenn das Immobilienunternehmen Komplementärin einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG ist, ohne am Vermögen der GmbH & Co. KG beteiligt zu sein. Das Immobilienunternehmen nutzt dann nämlich keinen eigenen Grundbesitz, sondern führt mit der Haftungstätigkeit als Komplementärin eine steuerlich schädliche Nebentätigkeit aus.

    Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterlag. Sie verwaltete Grundvermögen und war an zwei Vermietungsgesellschaften in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Darüber hinaus war sie Komplementärin der grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten X-GmbH & Co. KG, ohne an deren Vermögen beteiligt gewesen zu sein; hierfür erhielt die Klägerin eine Haftungsvergütung in Höhe von 1 % ihres Stammkapitals. Die Klägerin machte die erweiterte Kürzung für die Erhebungszeiträume 2012 bis 2015 geltend, die das Finanzamt nicht gewährte.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

    • Die Klägerin hat nicht ausschließlich eigenes Grundvermögen verwaltet und genutzt. Zwar hat sie eigenen Grundbesitz verwaltet; dies war aber nicht ihre ausschließliche Tätigkeit, da sie auch noch an zwei GbR beteiligt und zudem Komplementärin der X-GmbH & Co. KG war.

    • Die Beteiligung an den beiden GbR war allerdings unschädlich, weil beide GbR eigenen Grundbesitz verwalteten und der Klägerin diese vermögensverwaltende, nicht gewerbliche Tätigkeit anteilig als eigene zugerechnet wurde.

    • Anders war dies bezüglich der Komplementärstellung der Klägerin bei der X-GmbH & Co. KG. Denn die Klägerin war am Vermögen der nicht gewerblich geprägten X-GmbH & Co. KG nicht beteiligt und nahm daher an deren Grundbesitzverwaltung nicht teil. Vielmehr erbrachte die Klägerin eine entgeltliche Haftungsübernahme, da sie als Komplementärin haftete und hierfür eine Haftungsvergütung erhielt.

    • Eine Haftungstätigkeit ist gewerbesteuerlich schädlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Übernahme der Komplementärstellung auf dem Gesellschaftsvertrag oder auf einem eigenen Vertrag beruhte:

      • Sofern die Übernahme der Komplementärstellung auf dem Gesellschaftsvertrag beruhte, stellte die Haftungsvergütung einen Ertrag aus der Verwaltung und Nutzung fremden Grundbesitzes, nämlich des Grundbesitzes der X-GmbH & Co. KG dar.

      • Sofern die Übernahme der Komplementärstellung auf einem gesonderten schuldrechtlichen Vertrag beruhte, wäre das Haftungsentgelt nur dann unschädlich, wenn die Haftung der Klägerin auf das eigene Grundvermögen beschränkt gewesen wäre; dies war aber nicht der Fall, weil die Klägerin auch noch über anderes Vermögen verfügte, mit dem sie haftete, z.B. die Beteiligungen an den beiden GbR.

    Hinweise: Die Haftungsübernahme wäre ausnahmsweise dann gewerbesteuerlich unschädlich gewesen, wenn sie ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung gewesen wäre. Diese Ausnahme lag aber nicht vor, weil die Klägerin ihren Grundbesitz auch ohne die Haftungsübernahme zu etwa gleichen Bedingungen hätte verwalten können.

    Unbeachtlich war, dass die Haftungsvergütung nur gering war. Der BFH lehnt eine Bagatellgrenze auch weiterhin ab.

    Wäre die Klägerin an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft auf dem Gebiet der Grundstücksverwaltung beteiligt gewesen, wäre die erweiterte Kürzung der Klägerin ebenfalls zu versagen gewesen. Denn dann hätte die Klägerin gewerbliche Beteiligungseinkünfte erzielt.

    Quelle: BFH, Urteil v. 20.4.2023 - III R 53/20; NWB

  • Besteuerung einer Kfz-Privatnutzung durch beherrschenden GmbH-Gesellschafter

    Darf ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH einen ihm überlassenen Dienstwagen nur für betriebliche Fahrten nutzen, weil ein Privatnutzungsverbot vereinbart worden ist, spricht gleichwohl ein Anscheinsbeweis für die private Nutzung eines Dienstwagens. Wird dieser Anscheinsbeweis nicht erschüttert, ist für die Privatnutzung eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des gemeinen Wertes der Privatnutzung anzusetzen, die das Einkommen der GmbH erhöht.

    Hintergrund: Gewinnminderungen einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, sind als verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen der Kapitalgesellschaft wieder hinzuzurechnen. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Zahlung eines überhöhten Gehalts an einen Gesellschafter-Geschäftsführer.

    Sachverhalt: Die Klägerin war die B-GmbH, deren Alleingesellschafter der C war. Die B-GmbH stellte dem C einen neuen Porsche Cayenne als Dienstwagen zur Verfügung. Allerdings vereinbarte sie mit ihm ein Privatnutzungsverbot. C führte kein Fahrtenbuch, und er war auch nicht verpflichtet, den Dienstwagen abends auf dem Parkplatz der B-GmbH abzustellen und den Schlüssel abzugeben. C besaß privat einen Porsche Boxter, der 16 Jahre alt war und die Emissionsklasse Euro 2 aufwies. Das Finanzamt ging trotz des Privatnutzungsverbots von einer Privatnutzung des Dienstwagens aus und setzte diese in Höhe der sog. 1 %-Methode als verdeckte Gewinnausschüttung bei der B-GmbH an, d.h. mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises zzgl. Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab:

    • Die verdeckte Gewinnausschüttung ist darin zu sehen, dass C den Dienstwagen trotz Privatnutzungsverbots auch privat genutzt hat. Hierfür spricht ein Anscheinsbeweis, nach dem vermutet werden kann, dass ein beherrschender Gesellschafter einen ihm überlassenen Dienstwagen auch dann privat nutzt, wenn ein Privatnutzungsverbot vereinbart ist.

    • Der Anscheinsbeweis kann jedoch erschüttert werden. So kann durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch belegt werden, dass der Wagen nicht privat genutzt worden ist. Es können auch organisatorische Maßnahmen getroffen werden, nach denen der Dienstwagen abends auf dem Parkplatz der GmbH abzustellen und der Schlüssel abzugeben ist. Der Anscheinsbeweis kann ferner dadurch erschüttert werden, dass der beherrschende Gesellschafter privat über ein mindestens gleichwertiges Fahrzeug verfügt, das er jederzeit nutzen kann.

    • Im Streitfall ist der Anscheinsbeweis nicht erschüttert worden, weil keine der genannten Möglichkeiten genutzt worden ist. Insbesondere war der private Porsche Boxter kein gleichwertiges Fahrzeug; denn der Boxter war bereits 16 Jahre alt, hatte lediglich zwei Sitze und konnte wegen der Emissionsklasse Euro 2 nicht in städtischen Umweltzonen genutzt werden.

    • Da ein Privatnutzungsverbot vorlag, war die Privatnutzung als verdeckte Gewinnausschüttung zu bewerten. Maßgeblicher Wert ist der sog. gemeine Wert, also der Wert, der grundsätzlich bei Anmietung eines derartigen Fahrzeugs gezahlt werden müsste. Da die B-GmbH aber keine Autovermietung betrieb, konnte auf die tatsächlich entstandenen Kfz-Kosten zurückgegriffen werden, die um einen Gewinnzuschlag von 5 % bis 10 % sowie um die Umsatzsteuer von 19 % zu erhöhen waren. Dieser Wert war zwar höher als der vom Finanzamt im Wege der sog. 1 %-Methode ermittelte Wert; jedoch war dem FG eine Verböserung, d. h. Verschlechterung der Position der B-GmbH, aus verfahrensrechtlichen Gründen verwehrt.

    Hinweise: Hätte es kein Privatnutzungsverbot gegeben, wäre die Privatnutzungsmöglichkeit Teil des Gehalts für C gewesen, so dass er einen geldwerten Vorteil nach der sog. 1 %-Methode hätte versteuern müssen.

    Bei Arbeitnehmern, die nicht beherrschende Gesellschafter sind, führt ein Privatnutzungsverbot dazu, dass kein geldwerter Vorteil zu versteuern ist. Denn es kann nicht unterstellt werden, dass der Arbeitnehmer gegen das Privatnutzungsverbot verstößt. Im aktuellen Fall des FG Köln geht es aber um einen beherrschenden Gesellschafter; bei ihm besteht die Besonderheit, dass es zwischen ihm und der GmbH keinen Interessenkonflikt gibt und dass er im Fall eines Verstoßes keine Sanktionen befürchten muss.

    FG Köln, Urteil v. 8.12.2022 - 13 K 1001/19, Revision zugelassen; NWB

  • Übertragung von Zinsansprüchen auf Tochter-Kapitalgesellschaft

    Überträgt die Gesellschafterin einer GmbH aufgelaufene Zinsen, die noch nicht fällig, aber bereits entstanden sind, ohne Gegenleistung auf die GmbH, stellt dies eine gewinnneutrale verdeckte Einlage dar, die das Einkommen der Gesellschafterin und der GmbH nicht verändert. Die Übertragung der aufgelaufenen Zinsen ist nämlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

    Hintergrund: Unter einer verdeckten Einlage ist die unentgeltliche oder verbilligte Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils auf eine Kapitalgesellschaft zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Die verdeckte Einlage wird bei der Kapitalgesellschaft einkommensneutral berücksichtigt, erhöht also nicht ihren Gewinn.

    Sachverhalt: Die Klägerin war Alleingesellschafterin der AB-GmbH, die über hohe Verlustvorträge verfügte. Gewinne waren bei der AB-GmbH nicht mehr zu erwarten. Die Klägerin wollte der AB-GmbH Erträge zuwenden, damit die AB-GmbH die Verlustvorträge nutzen kann. Daher schloss die Klägerin zunächst bei der G-Bank zwölf Wertpapierpensionsgeschäfte über festverzinsliche Wertpapiere ab. Anschließend vereinbarte sie mit der AB-GmbH zwölf Wertpapierdarlehen, die jeweils nur über zwei bis sechs Wochen liefen; allerdings fiel in die jeweilige Laufzeit der Zinstermin, in der die Zinsen für das jeweilige Wertpapier für ein Jahr gezahlt wurden. Die AB-GmbH erhielt auf diese Weise die Zinsen für ein Jahr und musste nach den mit der Klägerin geschlossenen Wertpapierdarlehensverträgen keine Kompensation an die Klägerin entrichten. Den sich hieraus ergebenden Ertrag verrechnete die AB-GmbH mit ihren Verlustvorträgen, während die Klägerin ihre Kompensationszahlungen, die sie an die G-Bank leisten musste, als Betriebsausgaben behandelte. Das Finanzamt erkannte den Aufwand der Klägerin nicht an, sondern setzte eine verdeckte Einlage an.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dem Finanzamt und wies die Klage ab:

    • Die Klägerin hat eine verdeckte Einlage in die AB-GmbH geleistet, indem sie die zu Beginn des jeweiligen Wertpapierdarlehensvertrags aufgelaufenen, aber noch nicht fälligen Zinsen ohne Gegenleistung (Kompensationszahlung) auf die AB-GmbH übertragen hat. Die AB-GmbH konnte diese aufgelaufenen Zinsen kurze Zeit später bei Fälligkeit vereinnahmen, ohne für die Zuwendung der aufgelaufenen Zinsen etwas an die Klägerin zahlen zu müssen.

    • Die Übertragung der aufgelaufenen Zinsen ohne Kompensationszahlung war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, weil ein fremder Dritter eine Kompensationszahlung verlangt hätte.

    • Bei den aufgelaufenen Zinsen handelte es sich um einen bilanzierbaren Zinsanspruch, der daher auch – anders als ein bloßer Nutzungsvorteil – einlagefähig war.

    Hinweise: Im Ergebnis hat die Klägerin der AB-GmbH die Zinsen für den Zeitraum, für den sie mit der AB-GmbH keinen Wertpapierdarlehensvertrag abgeschlossen hat, zugewendet. Auf diese Weise sollte bei der AB-GmbH ein Ertrag entstehen, der aufgrund der vorhandenen Verlustvorträge keine Steuern auslöste, während bei der Klägerin entsprechender Aufwand entsteht, der den Gewinn und die Steuerlast mindert. Dieses Gestaltungsmodell hat der BFH nicht akzeptiert, sondern die Zuwendung der aufgelaufenen Zinsen an die AB-GmbH als verdeckte Einlage qualifiziert, die einkommensneutral verläuft.

    Bei der Klägerin erhöht sich aufgrund der verdeckten Einlage der Bilanzwert ihrer Beteiligung an der AB-GmbH.

    Quelle: BFH, Urteil v. 15.3.2023 - I R 24/20; NWB

  • Fortführung der Geschäftsführertätigkeit nach Beginn der Versorgungszahlungen

    Wird ein GmbH-Geschäftsführer und Gesellschafter nach Erreichen der Altersgrenze und Ausscheiden als Geschäftsführer erneut als Geschäftsführer beschäftigt, kann der gleichzeitige Bezug von Geschäftsführervergütung und Versorgungsleistung zwar zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Dies gilt allerdings nicht, wenn das Geschäftsführergehalt reduziert wird und zusammen mit den Versorgungsbezügen die Höhe der letzten Aktivbezüge vor dem Erreichen der Altersgrenze nicht überschreitet.

    Hintergrund: Gewinnminderungen einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, werden als verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen der Kapitalgesellschaft wieder hinzugerechnet. Hierzu zählt z.B. ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer. Auch der gleichzeitige Bezug von Versorgungsleistungen und einer Geschäftsführervergütung seitens der GmbH kann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, deren Alleingesellschafter der im Jahr 1942 geborene K war. K war auch ursprünglich Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin hatte dem K eine Versorgungszusage erteilt, nach der er mit Vollendung des 68. Lebensjahres eine monatliche Altersrente von 2.300 € erhalten sollte. K schied zum 31.8.2010 als Geschäftsführer aus. Im Jahr 2010 erhielt K eine Gesamtvergütung von ca. 106.000 €, in der 9.200 € Versorgungszahlungen für vier Monate ab September 2010 enthalten waren. Im Jahr 2009 hatte K ein Gehalt von ca. 161.000 € erhalten. Ab dem 1.3.2011 stellte die Klägerin den K erneut als Geschäftsführer an und vereinbarte mit ihm ein monatliches Bruttogehalt von 1.000 € zuzüglich Weihnachtsgeld in Höhe von 1.000 €. Im Streitjahr 2015 erhielt K ein Geschäftsführergehalt von ca. 13.000 € und Versorgungszahlungen in Höhe von ca. 28.000 €. Das Finanzamt erkannte die Versorgungszahlungen steuerlich nicht an, sondern rechnete sie als verdeckte Gewinnausschüttungen dem Einkommen der Klägerin hinzu.

    Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

    • Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt bei einer Vermögensminderung vor, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die GmbH ihren bisherigen Geschäftsführer-Gesellschafter, der wegen Erreichens der Altersgrenze bereits Versorgungszahlungen von der GmbH erhält, weiter als Geschäftsführer beschäftigt und ihm ein Geschäftsführergehalt zahlt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde nämlich entweder dafür sorgen, dass die Geschäftsführervergütung auf die Versorgungszahlungen angerechnet wird, so dass die Versorgungszahlungen entsprechend niedriger ausfallen oder gar entfallen, oder er würde den vereinbarten Eintritt der Fälligkeit der Versorgungszahlungen solange aufschieben, bis der Geschäftsführer seine Geschäftsführertätigkeit endgültig beendet hat; in dem zuletzt genannten Fall der Aufschiebung würde er gegebenenfalls einen versicherungsmathematisch berechneten Barwertausgleich vereinbaren.

    • Dennoch lag im Streitfall keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde auch nicht erwarten, dass ein pensionierter Geschäftsführer umsonst arbeitet. Daher ist es steuerlich anzuerkennen, dass K von der Klägerin lediglich ein reduziertes Monatsgehalt in Höhe von 1.000 € erhielt.

    • Allerdings darf das reduzierte Monatsgehalt zusammen mit den Versorgungszahlungen nicht die Höhe der letzten Aktivbezüge im Jahr vor dem Erreichen der Altersgrenze überschreiten. K hat diese Grenze nicht überschritten, da er im Streitjahr insgesamt 41.000 € (13.000 € Geschäftsführergehalt und 28.000 € Versorgungszahlungen) erhalten hat, während er im Vorjahr ein Gehalt von 161.000 € bezogen hatte.

    Hinweise: In der Praxis wird ein Geschäftsführer nach dem Erreichen der vereinbarten Altersgrenze oftmals nicht mehr in vollem Umfang als Geschäftsführer für die GmbH tätig, sondern nur zeitweise. In diesem Fall der reduzierten Fortführung der Geschäftsführertätigkeit muss auch das Geschäftsführergehalt entsprechend reduziert werden. Es darf dann also der Rahmen bis zur Höhe der letzten Aktivbezüge nicht ausgeschöpft werden.

    Das Urteil ist für Kapitalgesellschaften erfreulich, weil es die Weiterbeschäftigung des „pensionierten“ Geschäftsführers unter Beachtung von Gehaltsgrenzen ermöglicht. Zusammen mit den Versorgungszahlungen darf das neue Geschäftsführergehalt im Fall der Vollbeschäftigung die letzten Aktivbezüge nicht überschreiten. Eine verdeckte Gewinnausschüttung wird dann nicht angesetzt.

    Quelle: BFH, Urteil v. 15.3.2023 - I R 41/19; NWB

  • Versteuerung einer nicht zugeflossenen Tantieme

    Ein beherrschender GmbH-Geschäftsführer muss eine ihm nicht zugeflossene Tantieme nur dann versteuern, wenn die GmbH eine Tantiemerückstellung gewinnmindernd passiviert hat. Anderenfalls ist die Annahme eines fiktiven Zuflusses gerechtfertigt.

    Hintergrund: Die Tantieme eines GmbH-Geschäftsführers gehört zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und muss daher grundsätzlich im Zeitpunkt des Zuflusses versteuert werden. Allerdings kann es bei beherrschenden Gesellschaftern auch zu einem sog. fiktiven Zufluss kommen, wenn sie einen fälligen Anspruch gegen ihre GmbH haben und die GmbH zahlungsfähig ist. Denn ein beherrschender Gesellschafter kann die Auszahlung der Tantieme jederzeit durchsetzen.

    Sachverhalt: Der Kläger war alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und hatte in den Streitjahren 2015 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung einer Tantieme, der fällig war. Die GmbH zahlte ihm die Tantieme in den Jahren 2015 bis 2017 jedoch nicht aus. Die GmbH hatte in den Jahresabschlüssen zum 31.12.2015 bis 31.12.2017 keine Tantiemerückstellungen passiviert und ihren Gewinn daher nicht gemindert. Das Finanzamt ging von einem fiktiven Zufluss der Tantiemen beim Kläger aus und setzte bei der Einkommensteuer 2015 bis 2017 entsprechende Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit an.

    Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) verneinte einen fiktiven Zufluss und gab der Klage statt:

    • Zwar kann bei einem beherrschenden Gesellschafter ein fiktiver Zufluss angenommen werden, wenn er gegen seine GmbH einen fälligen Anspruch hat und die GmbH zahlungsfähig ist. Mit der Fälligkeit wird dann ein Zufluss angenommen, der im Jahr der Fälligkeit versteuert werden muss. Fälligkeit des Anspruchs und Zahlungsfähigkeit der GmbH waren im Streitfall gegeben.

    • Allerdings setzt ein fiktiver Zufluss des Weiteren voraus, dass die GmbH die Tantieme gewinnmindernd gebucht hat. Denn der fiktive Zufluss, der eine Versteuerung beim beherrschenden Gesellschafter bewirkt, ist ein Ausgleich dafür, dass die Tantieme bei der GmbH den Gewinn gemindert hat. Ist der Gewinn der GmbH aber nicht gemindert worden, gibt es keinen Grund, beim Gesellschafter eine Versteuerung sicherzustellen.

    • Mangels Passivierung der Tantiemeverpflichtung bei der GmbH entfällt somit ein fiktiver Zufluss beim Kläger.

    Hinweise: Zu einer Versteuerung der Tantieme beim Kläger kommt es somit erst dann, wenn er die Tantieme erhält oder wenn die GmbH eine Tantiemerückstellung passiviert.

    Das FG folgt nicht der Auffassung des Bundesfinanzministeriums, das einen fiktiven Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter auch dann annimmt, wenn die GmbH keine Tantiemerückstellung passiviert hat. Dem FG zufolge kommt es nicht darauf an, ob die GmbH eine Tantiemerückstellung hätte passivieren müssen.

    Die Grundsätze des fiktiven Zuflusses gelten auch bei anderen Zahlungsansprüchen eines beherrschenden Gesellschafters gegen seine GmbH, z.B. beim laufenden Gehalt oder bei Miet- oder Zinsansprüchen, wenn er mit der GmbH einen Miet- oder Darlehensvertrag geschlossen hat.

    Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.6.2022 – 12 K 58/20; NWB